Explodierende Lebensmittelkosten

Analyse zeigt: Supermärkte geben sinkende Preise zum Teil erst später an Kunden weiter

Barzahlung im Supermarkt. copyright: Ute Grabowsky/photothek Radevormwald Deutschland *** Cash payment in supermarket copyright Ute Grabowsky photothek Radevormwald Germany Copyright: xUtexGrabowsky/photothek.dex
Supermärkte geben Preissenkungen erst später weiter.
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Innerhalb eines Jahres sind die Lebensmittel um über 20 Prozent gestiegen. Warnungen werden laut, dass das dramatische Folgen gerade für arme Menschen hat. Vor allem zeigen laut einer neuen Analyse Großhandelspreise eigentlich eine andere Tendenz. Sie sinken wieder. Aber der Einzelhandel zieht nicht nach – und behält die Gewinne für sich. Zahlen müssen die Kunden.

Preise steigen in Folge des Ukraine-Kriegs

Wir erinnern uns: Als die Energiepreise in die Höhe geschossen sind, kostete plötzlich auch die Herstellung von Lebensmitteln mehr. Genauso wie der Transport von einem Ort zum anderen. Extrem wurde es, wenn es auch noch gekühlt und verpackt werden musste. Kein Wunder also, dass sich die Preise verteuert haben.

Rapsöl etwa kostete laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft zwischenzeitlich über zwei Euro. Doch wie eine Analyse des „Spiegel“ zeigt, hat sich die Lage zumindest für den Handel entspannt. Der Großhandelspreis hat sich seit Mitte 2022 nahezu halbiert. Zuletzt lag er durchschnittlich bei 1,11 Euro. Und für den Verbraucher? Da liegt der Preis immer noch auf höchstem Niveau bei 2,45 Euro.

Und das nicht nur beim Raps. Die Großhandelspreise sind dem Bericht zufolge auch etwa beim Weizen und etwa Fleischprodukten deutlich gesunken. Dennoch zeigen Analysen des „Spiegels“ sowie der Ökonomen Joachim Ragnitz und Thomas Roeb: Die Supermärkte geben die sinkenden Preise für Nudeln und Hack offenbar nur teils und auch nur mit Verzögerung an die Endverbraucher weiter.

LebensmittelSupermarktGroßhandel
Rapsöl2,45 Euro1,11 Euro
Mehl1,02 Euro0,53 Euro
Milch 1,19 Euro0,57 Euro
Butter1,65 Euro1,43 Euro

Quelle: AMI-Verbraucherpreisspiegel

Ökonom: Die Margen bzw. Gewinne steigen seit Jahren an

„Die Margen sind gestiegen: vor allem in der Landwirtschaft, aber auch im Handel“, sagte Ragnitz vom Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in Dresden. Bedeutet: Die Differenz zwischen Großhandelspreis und Verkaufspreis bleiben als Gewinn bei den Supermärkten.

Dass der Preis im Laden deutlich höher ist, das liegt laut Bericht auch an der Art, wie der Handel selbst die Lebensmittel einkauft. Gerade beim Öl hätten viele Supermärkte und Discounter sich mit hohen Mengen eingedeckt – und das damals noch zu hohen Preisen. Diese Vorräte müssen nun erst mal raus aus den Läden. Und durch den teuren Einkaufspreis geben die Händler die inzwischen gefallenen Preise noch nicht weiter an die Kunden.

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Bei Milchprodukten funktioniere die Preisweitergabe dagegen besser, erklärt der Ökonom Holger Thiele von der Fachhochschule Kiel im „Spiegel“. Bei Butter gelten die Vereinbarungen zwischen Molkereien und Händlern teils nur einen Monat. Deshalb würden sinkende Großhandelspreise relativ schnell beim Verbraucher ankommen.

Dennoch zeigt der langfristige Trend steigende Margen für den Handel. Das zeigen die Preis-Analysen des Blattes.

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Edeka und Rewe weisen Vorwürfe zurück

Vom „Spiegel“ befragte Handelskonzerne bestreiten, die Inflation zu nutzen, um ihre Gewinne zu steigern.

Edeka erklärte, man nehme deutlich geringere Margen und Ergebnisse in Kauf, um die Preise möglichst stabil zu halten. Rewe sagt, man habe einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, um die Preise für Kunden stabil zu halten. Und Lidl teilte mit, man habe seit Jahresanfang die Preise „von über 400 Artikeln“ gesenkt.

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Dennoch gibt es Kritik an den Hohen Preisen. Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen hat angesichts massiv gestiegener Preise für Lebensmittel vor "dramatischen Folgen" für arme Menschen gewarnt. Nahrungsmittel hätten sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes binnen Jahresfrist um über 20 Prozent verteuert. Im Vergleich: der Regelsatz für Bürgergeld sei aber nur um etwas über 10 Prozent erhöht worden, sagte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze, am Donnerstag. (dpa/mtr)

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