Azubi O'Neil (33): „Das Leben ist schön, wenn du wirklich gibst, was du hast"
Fachkräfte aus Madagaskar: Straßenbau-Firma holt Azubis nach Hessen
„Das ist jetzt nicht unbedingt die beliebteste Branche, wo man arbeiten möchte.“ „
Ein Bauunternehmen aus Kassel spürt den Fachkräftemangel deutlich. Doch die HERMANNS HTI-Bau GmbH u. Co. KG hat durch Zufall einen Ansatz gefunden, wie sie dem Problem mutig und engagiert entgegentreten: Sie stellen Auszubildende aus Madagaskar ein. Dafür investieren sie viel, helfen den Neuankömmlingen in Deutschland Fuß zu fassen. Das zahlt sich aus. Einer von ihnen ist Azubi O’Neil. Was ihn und seine Kollegen antreibt, erfahrt ihr im Video.
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„In Madagaskar sind die Möglichkeiten begrenzt"
Tanzen und Singen ist eigentlich seine Leidenschaft. Doch das Tanzparkett tauschte O’Neill vor fünf Jahren gegen den Asphalt ein. Denn hier bei Hermanns Bau hat er noch etwas entdeckt, was ihm Freude bereitet: die Arbeit als Kanalbauer. „Hier in Deutschland, das Leben ist schön, wenn du wirklich gibst, was du hast [...] hier ist alles möglich!“ „
Seine Freundin kam damals als Au-pair Mädchen nach Deutschland, um mit ihr zusammen sein zu können, kam der gebürtige Tanzlehrer ebenfalls als Au-pair nach Deutschland. Später folgte ein Jahr als sozialer Freiwilligendienstler und dann die Ausbildung zum Kanalbauer. Trotz anfänglicher Sprachbarrieren, der 33-Jährige ist von Anfang an zielstrebig: „Ich sage jetzt nicht nur in Deutschland, aber im ganzen Leben, wenn man richtig durchhalten will, dann es geht.“
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Erster Madagaskar-Azubi überraschte mit Initiativbewerbung
Das Unternehmen aus Kassel ist froh über die Unterstützung aus Madagaskar. Sandra Schwarz ist Personalreferentin bei HERMANNS HTI-Bau. Sie erzählt im RTL-Interview: „Eigentlich ist es entstanden durch einen Zufall, aber ein sehr glücklicher Zufall für uns, weil wir haben schon Schwierigkeiten, unsere Ausbildungsplätze zu decken.“ Durch eine Initiativbewerbung eines madagassischen Bewerbers startet 2018 ein erster Auszubildender aus Übersee, durch Mundpropaganda in der Heimat, nimmt das Projekt hier in Deutschland Fahrt auf.
Im Video: Azubis schnuppern in andere Betriebe
Das Engagement zahlt sich aus - für beide Seiten
Mittlerweile gibt es allein in diesem Ausbildungsjahr zwölf Lehrlinge. Sechs von ihnen werden schon sicher übernommen. Sie werden genauso wie O’Neil vor fünf Jahren, von Beginn an unterstützt. Denn aller Anfang ist schwer, für ein Visum braucht es beispielsweise bestimmte Sprachkenntnisse, einen Ausbildungsvertrag und eine Unterkunft. Bei der Wohnungssuche hilft Hermanns-Bau. Tische, Stühle und andere Möbel spenden ein Großteil Mitarbeiter.
Obwohl das Unternehmen sich sehr für den Nachwuchs engagiert, konnten früher bei zehn Ausbildungsplätzen, nur sechs bis acht Stellen besetzt werden. „Wir gehen an Schulen,“, erklärt Schwarz, „wir klären über die Berufsbilder auf, weil die Baubranche hat leider nicht so ein gutes Image und daran arbeiten wir verstärkt, das aufzupolieren.“ Durch die Azubis aus Madagaskar kann das Unternehmen seine anhaltende Lücke an Nachwuchs füllen. Dafür arbeiten sie hart und liefern gute Noten in der Berufsschule. Baustellenleiter Kai Denke ist stolz auf seine Schützlinge: „Die sind wirklich sehr bereitwillig, die wollen auch sehr viel lernen. Die stellen sehr viele Fragen. Das sind schon sehr gute Azubis, die wahrscheinlich auch sehr gute Facharbeiter werden“.
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„Irgendwann muss der kleine Vogel also fliegen"
O’Neil ist seit zwei Jahren ausgelernt. Während seiner Ausbildung lebte er in einer WG mit einem Arbeitskollegen. Jetzt wohnt er allein, sein neues Zuhause hat er ganz für sich allein. Und auch beruflich will er vorankommen, der 33-Jährige ist ehrgeizig. O’Neil will aufsteigen und es zum Polier zu schaffen. Aber das ist nicht alles: „Ich möchte vielleicht Baggerfahrer werden. Das ist auch etwas schwierig, aber ich möchte das irgendwie machen und wenn es weiter geht, oben hoch geht, dann mach’ ich das einfach.“ Mit seiner Erfahrung kann er nicht nur seine jüngeren Kollegen helfen, er ist auch ein gutes Beispiel für alle anderen, wie sich Motivation und Engagement letztendlich auszahlen.