Wird Impftourismus zum Problem?Ortsfremde blockieren Termine in Corona-Impfzentren

11.01.2021, Sachsen-Anhalt, Staßfurt: Das Impfzentrum des Salzlandkreises.  Parallel zu den verschärften Corona-Regeln wurde im Kampf gegen die Pandemie in Sachsen-Anhalt das Impfen intensiviert. Am vergangenen Freitag wurden etwa 20 000 Impfdosen von Biontech/Pfizer nach Sachsen-Anhalt geliefert. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Seit Montag haben viele Impfzentren in Sachsen-Anhalt geöffnet.
kdg wst, dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

In immer mehr Bundesländern öffnen die Impfzentren ihre Türen – so auch seit Montag in Sachsen-Anhalt. Eigentlich ein guter Tag, doch wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, warnt Markus Bauer (SPD), Landrat des Salzlandkreises, nun vor einem landesweiten Organisationschaos. Denn statt dass Bürger Termine in nahe zu ihrem Wohnort liegenden Impfzentren bekommen, werden Impftermine über das ganze Bundesland hinweg vergeben. Das Resultat: Bewohner mancher Kreise bekommen keine Termine, weil Ortsfremde diese blockieren. Wird Impftourismus zum Problem?
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25 Prozent der Impftermine durch Ortsfremde belegt

25 Prozent der Termine sollen im Impfzentrum in Staßfurt in Sachsen-Anhalt bereits durch ortsfremde Impfwillige belegt sein. Termine für einheimische Kreisbewohner seien hingegen schwer zu kriegen. „Wir rennen sehenden Auges in eine Situation, die den Leuten bald nicht mehr erklärbar ist“, zitiert die Mitteldeutsche Zeitung Landrat Bauer. „Die Leute rufen mich mittlerweile schon privat an und fragen nach Terminen.“

Das Problem: Auch wenn die Impfzentren in Sachsen-Anhalt gerade erst mit ihrer Arbeit beginnen, sind Impfstoff und Termine rar. Hinzu kommt, dass die Impfterminvergabe über die Hotline 116 117 läuft. Wer hier anruft, bekommt einen Termin dort, wo einer frei ist – und das muss nicht immer im zum Wohnort naheliegendsten Impfzentrum sein.

„Zu uns kommen Leute aus Magdeburg, dem Harz oder dem Kreis Wittenberg. Auf der anderen Seite werden unsere Leute jetzt nach Salzwedel geschickt“, ärgert sich Bauer. „Wir können jetzt nicht alle 80-Jährigen quer durch das Bundesland fahren.“

Wichtig ist die schnelle Impfung aller Bürger

Landesgesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) zufolge könne man Impfwillige aus anderen Landkreisen nicht einfach abweisen. Das gebe die Verordnungslage nicht her. Demnach könne sich auch ein Niedersachse in Merseburg in Sachsen-Anhalt impfen lassen, wenn er dort einen Termin bekäme. Entscheidend sei vor allem die schnelle Impfung aller Bürger.

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Impftourismus auch in Baden-Württemberg

Ähnliches wie in Sachsen-Anhalt beklagte Ende des Jahres auch Baden-Württemberg. Hier sollen sich vermehrt Bewohner aus Rheinland-Pfalz zu Impfterminen im Nachbarland angemeldet haben. In Baden-Württemberg war es bereits seit dem 27. Dezember möglich, einen Impftermin zu vereinbaren – in Rheinland-Pfalz hingegen noch nicht.

Laut der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler sei die Sorge unbegründet, da das „Wohnsitzprinzip“ gelte. Rheinland-Pfälzer könnten demnach in den Impfzentren in Baden-Württemberg gar keinen Termin bekommen.

Baden-Württemberg habe sich allerdings dafür entschieden, individuelle Termine zu vergeben, betont Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) in einem Schreiben an Bätzing-Lichtenthäler. „Wenn nunmehr Termine an Personen aus anderen Bundesländern vergeben werden, deren Landesregierungen andere Strategien vorsehen, führt dies zu einer Ungleichverteilung des so knappen Impfstoffs“, kritisiert Lucha. Die Kontingente seien an die Bundesländer nach Einwohnerzahlen verteilt worden.

In Sachsen-Anhalt ruft das Gesundheitsministerium derweil dazu auf, in erster Linie das Impfzentrum in der eigenen Region zu nutzen, „um lange Anfahrtswege zu vermeiden“. Zwar wird auch hier vermehrt die Terminvergabe an Ortsfremde festgestellt, das größte Problem sei aber der knappe Impfstoff, wie Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) erklärt: „Dass keine Termine da sind, liegt daran, dass der Impfstoff alle ist. So einfach ist das. Oder so kompliziert.“

In Staßfurt sei das Impfzentrum laut Landrat Bauer bereits für drei Wochen ausgebucht. Abhilfe schaffen können aber wohl vor allem frische Impfstofflieferungen. Bauer würde sich zudem wünschen, dass Impftermine von den Kreisen selbst vergeben würden. Auch Hausärzte sollen bald gegen das Coronavirus impfen dürfen.

LESE-TIPP: Wie man in Deutschland an seinen Impftermin kommt, unterscheidet sich je nach Bundesland. Welche Regelung für Sie gilt, lesen Sie hier.

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