Von Doppelgängerin getötet - beste Freundin des Opfers sah Killerin vor Gericht

„Ich dachte, ich werde voller Hass reingehen, aber ich habe gar nichts empfunden"

Leyla D. kannte Khadidja mehr als zehn Jahre. Sie waren wie Schwestern. Bei RTL erzählt sie, wie sie die Tat erlebt hat.
Leyla D. kannte Khadidja mehr als zehn Jahre. Sie waren wie Schwestern. Bei RTL erzählt sie, wie sie die Tat erlebt hat.
RTL
von Karl Wirz und Jessica Sander

Sie sah ihrer Mörderin verblüffend ähnlich – war das ihr Todesurteil?
Vor anderthalb Jahren stirbt Khadidja O. (23) – getötet durch 56 Messerstiche. Wurde die Beauty-Bloggerin aus Baden-Württemberg ermordet, weil sie der mutmaßlichen Killerin Schahrabahn K. so ähnlich sah? Wollte die Angeklagte ihre Doppelgängerin töten, damit alle denken, sie selbst wäre tot? Um dann unterzutauchen? Seit dem 16. Januar stehen sie und ihr vermeintlicher Komplize Sheqir K. dafür vor Gericht. Was Khadidja O.s gewaltsamer Tod für ihre engste Freundin bedeutet - mit RTL hat sie jetzt über ihren Schmerz gesprochen.
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Sie kannten sich seit der Jugend

Trauer um getötete Khadidja
Khadidja (†23) und ihr Freund Furkan Y.
Privat

„Sie war mit Abstand der Mensch mit dem größten Herz. Sehr, sehr liebevoll, sehr freundlich zu anderen Menschen. Sie hat auf mich aufgepasst,“ so beschreibt Leyla ihre beste Freundin Khadidja, die ihr vor anderthalb Jahren auf so tragische Weise genommen wurde. Die jungen Frauen lernten sich vor über zehn Jahren in einer Wohngruppe der Jugendhilfe kennen. Beide verband nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch eine schwierige Kindheit. „Je älter wir wurden, wurde uns immer mehr bewusst, dass wir im Leben praktisch allein sind, dass es niemanden gibt, der uns auffängt, außer wir uns gegenseitig“. Khadidja und Leyla schließen einen Pakt und versprechen sich damals, immer füreinander da zu sein, wenn es schon sonst niemand tut. Dieses Versprechen halten sie bis zum Schluss.

Leyla hat ihre Freundin gewarnt, aber am Ende konnte sie sie trotzdem nicht vor ihrem tragischen Schicksal bewahren.

Im Video: Mutmaßliche Täter und Khadidja sollen sich gekannt haben

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Was war passiert?

Die Tote war Beauty-Bloggerin. Im Sommer 2022 hat sie von Kosmetikerin Schahrabahn K. via Instagram das Angebot für eine angebliche Ganzkörper-Laser-Behandlung bekommen. Ganz umsonst. Im Gegenzug sollte sie bei Social Media Werbung dafür machen. „Khadidja hatte aber nur 400 Follower - das macht doch gar keinen Sinn“, erinnert sich Leyla. Trotz der Warnung ihrer Freundin, nahm die 23-Jährige das Angebot an. Ein fataler Fehler, der sie am Ende das Leben kostet! Schahrabahn K. und Sheqir K. sollen Khadidja dann am 16. August abgeholt haben. Aber anstatt zur Laserbehandlung, sollen sie die junge Frau in einen Wald gebracht und dort bestialisch getötet haben. Und das nur, damit alle denken, die Tote sei Schahrabahn K.!

Laut Anklage legen die mutmaßlichen Täter die Leiche der jungen Frau dann in das Auto der Angeklagten Schahrabahn K. Sie wollte anscheinend, dass alle glauben, die Tote im Auto wäre sie selbst! Denn Opfer und Angeklagte sahen sich wirklich zum Verwechseln ähnlich. Erst bei der Obduktion kommt die Wahrheit ans Licht und das vermeintlich tote Opfer wird plötzlich zur Hauptverdächtigen.

Seit dem 16. Januar läuft der Prozess gegen die beiden Angeklagten, die das Leben der Beauty-Bloggerin ausgelöscht haben.

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„Man kann gar nicht in Worte fassen, was sie mir weggenommen haben

Leyla selbst ist auch als Zeugin vor Gericht. Der Moment, als sie das erste Mal auf die Doppelgängerin ihr Freundin trifft, sei schrecklich gewesen, erinnert sie sich. „Schon allein zu sehen, dass die Statur ähnlich war, die Haare. Ja, das war emotional ganz schlimm. Ich habe auch direkt angefangen zu weinen. Das hat dem Ganzen dann so ein Gesicht gegeben“, so Leyla weiter.Zum ersten Mal habe sie da alles realisiert. Vorher, so sagt sie, sei es nie richtig bei ihr angekommen. „Die Menschen dann zu sehen, gibt dem Ganzen eine unschöne Realität.“

Besonders das Verhalten des vermeintlichen Komplizen Sheqir K. konnte die 25-Jährige lange nicht verarbeiten. „Er hat sich ohne Scham vor die Presse gestellt, hat sich ablichten lassen“, so Leyla. Sie hätte erwartet, dass die Beiden in irgendeiner Art und Weise Reue oder Demut zeigen, aber dem war nicht so. „Man kann gar nicht in Worte fassen, was sie mir weggenommen haben.“

"Ich dachte, ich werde voller Hass reingehen, aber ich habe gar nichts empfunden"

Im Gerichtsaal sei Leyla extra selbstbewusst aufgetreten, habe den beiden immer wieder ins Gesicht geschaut, erinnert sie sich. Khadidja war ein Mensch, der sehr viel Mut hatte, wenn es um mich ging. Und ich dachte, ich kann da jetzt keine Angst zeigen, ich werde genauso mutig sein, so Leyla. Was die 25-Jährige besonders überrascht habe, war, dass sie nichts gespürt hat, als sie den Beiden gegenüber saß. „Ich dachte, ich werde voller Hass reingehen, aber ich habe gar nichts empfunden.“ In Gedanken sei sie immer nur bei ihrer besten Freundin und ihrer tiefen Freundschaft gewesen und das habe sie gestärkt und sie das durchstehen lassen, so die 25-Jährige.

30 Verhandlungstage sind angesetzt, aber egal, welches Urteil am Ende gefällt wird, eine gerechte Strafe gibt es für Leyla nicht. „Weil es eben so ungerecht ist, was sie mir da weggenommen haben.“ Sie will aber bis zum Schluss dabei sein, einfach nur „um ihre Gesichter zu sehen, wenn sie ihre Strafe bekommen.“

Sie hat ihre Freundin immer im Herzen

Ob sie jemals mit dem Geschehenen umgehen könne, das wisse die 25-Jährige nicht. Aktuell verdränge sie eher alles noch. „Ich habe immer noch im Hinterkopf diesen wunderschönen, liebevollen Menschen und kann mir nicht erklären, wie man ihr das antun kann.“ Wie soll man so einen sinnlosen Tod auch jemals verstehen.

Khadidja wurde in ihrer Heimat in Algerien beerdigt. Das sei ihr letzter Wunsch gewesen. so Leyla. Das sei zwar weit weg von Eppingen, sie brauche aber auch keinen Ort zum Trauern, denn ihre beste Freundin ist immer bei ihr. „Khadidja ist hier überall. Khadidja ist in meinem Herzen. Das kann mir niemand nehmen. Ich habe Khadidja so fest in meinem Herzen verankert.“

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