Zehn Jahre danach
Loveparade-Prozess eingestellt: 21 Tote, 650 Verletzte - und kein Urteil
Vor knapp zehn Jahren endete die Loveparade in Duisburg in einer Katastrophe. Nun wurde das Strafverfahren gegen die letzten drei Angeklagten eingestellt - der Mammutprozess endet ohne Urteil. Wie der Opferanwalt Rainer Dietz auf diese Entscheidung reagiert - im Video.
Angeklagten wurden schwere Planungsfehler vorgeworfen

Eines der aufwendigsten Strafverfahren der Nachkriegszeit ist nach knapp zweieinhalb Jahren und 184 Sitzungstagen ohne ein Urteil zu Ende gegangen. In dem Prozess ging es um den Tod von 21 jungen Menschen bei einer Massenpanik auf der Loveparade in Duisburg im Juli 2010. Damals wurden mehr als 650 Menschen verletzt, einige leiden bis heute unter den Folgen.
Zuletzt hatten noch drei leitende Mitarbeiter des Veranstalters "Lopavent" auf der Anklagebank gesessen. Sie sind mittlerweile 43, 60 und 67 Jahre alt. Die Anklage lautete auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung. Die Beteiligten sollen unter anderem schwere Planungsfehler begangen haben.
Angehörige waren gegen eine Einstellung des Verfahrens
Das Landgericht hatte bereits Anfang April 2020 die Einstellung des Verfahrens für die drei verbliebenen Angeklagten vorgeschlagen und dies unter anderem mit zu erwartenden Corona-Einschränkungen und der absehbaren Verjährung des Tötungsvorwurfs Ende Juli begründet. Infolge der Pandemie war der Zeitplan der Verhandlung gesprengt worden. So musste der Prozess Mitte März unterbrochen werden, nachdem eine Richterin vorsorglich unter Quarantäne gestellt worden war.
Staatsanwaltschaft und die drei Angeklagten hatten einer Einstellung zugestimmt - Angehörige von Todesopfern jedoch hatten sich als Nebenkläger dagegen ausgesprochen. Jedoch ohne Erfolg. Ihre Zustimmung war rechtlich nicht erforderlich, der Einstellungsbeschluss ist unanfechtbar.
Bereits im Februar 2019 hatte bei den drei verbliebenen Beschuldigten eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage im Raum gestanden. Sie lehnten jedoch ab. Ein Angeklagter hatte dies damit begründet, dass er nicht auf sein Recht verzichten wolle, freigesprochen zu werden. Die Verfahren gegen sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und einen weiteren "Lopavent"-Mitarbeiter waren bereits vor über einem Jahr eingestellt worden, ebenfalls ohne Auflagen.
Gutachten von 2018 zeigt erhebliche Planungsfehler auf
Als nächstes war ursprünglich die Einführung des 3.800 Seiten umfassenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Jürgen Gerlach geplant. Schriftlich liegt es bereits seit Dezember 2018 allen Beteiligten vor. In dem Gutachten hatte der Verkehrsexperte festgestellt, dass das Unglück schon in der Planungsphase hätte verhindert werden können. Schon im Vorfeld habe es mehrere Anhaltspunkte gegeben, dass das Veranstaltungsgelände für die erwarteten Besuchermengen nicht geeignet war.
Diese Fehler führten laut Gericht zur Katastrophe
Das Duisburger Landgericht hat eine Reihe von Fehlern benannt, die aus seiner Sicht zur Loveparade-Katastrophe geführt haben: "Die Vereinzelungsanlagen und Schleusen waren nicht auf die erwartenden Personenmengen ausgerichtet. Zäune führten zu zusätzlichen Engstellen", sagte Richter Mario Plein. "Der Stau vor den Vereinzelungsanlagen war absehbar."
Zumdem habe es "keine ausreichenden Flächen für die Abwicklung der Personenströme" gegeben, sagte er. Stauungen seien "vorhersehbar" gewesen. Bereits um kurz nach 14.00 Uhr sei es am Tag der Loveparade zu ersten Problemen gekommen, Kommunikationsstörungen hätten die Situation noch verschärft. So seien Krisengespräche von Polizei und Feuerwehr ohne die Veranstalterin geführt worden. Die Steuerung der Personenströme sei unkoordiniert gewesen.
"Unpassende Anordnungen" der Polizei hätten die Probleme zusätzlich befeuert. Der Funkverkehr der Polizei sei erheblich gestört gewesen. Die Polizei habe ihre zugesagte Unterstützung bei der Schließung der überlasteten Zugänge nicht erbracht, weil ihre Kräfte anderweitig gebunden gewesen seien. Im Bereich der Rampe Ost seien die Ströme schließlich zum Stillstand gekommen, um 16.30 Uhr sei die Stimmung gekippt und eine lebensbedrohliche Lage mit Wellenbewegungen entstanden.