"Dreikampf ist längst ein Zweikampf"Politikwissenschaftler Lucke im Frühstart: RTL-Kanzler-Triell kann wahlentscheidend sein
Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Albrecht von Lucke haben die TV-Trielle das Potential, die Bundestagswahl zu entscheiden. „Es ist die letzte Chance für Laschet, den Trend zu brechen, und nicht mehr ausgeschlossen, dass tatsächlich die SPD die stärkste Partei wird“, sagt der Herausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik. Das wäre der GAU für die CDU/CSU. Erstmals treffen die Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz am kommenden Sonntag (29. August, 20.10 Uhr) bei RTL und n-tv und im Livestream bei RTL.de aufeinander.
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"Grüne haben Baerbock praktisch aus dem Rennen genommen"
Von Lucke glaubt, dass aus dem Dreikampf um das Kanzleramt längst ein Zweikampf geworden ist. Die Situation habe sich total verändert. „Es handelt sich nur noch um die Simulation eines Triells“, so von Lucke. Am Anfang habe es sich um das klassische Duell Laschet gegen Baerbock gehandelt. „Doch die Grünen haben sich längst ihrer Kanzlerkandidatin entledigt.“ Baerbock sei wegen ihres enormen Versagens von der Partei praktisch aus dem Rennen genommen worden.
"Triell für Laschet enorme Chance"
Für Laschet hingegen biete sich am Sonntag die enorme Chance, Scholz zu attackieren. Die Erwartungshaltung komme ihm dabei möglicherweise entgegen. „Die Darstellung, die wir momentan haben, da der Überflieger Scholz, da die Wasserleiche Laschet, zeichnet ein völlig aberwitziges Bild.“ Die Umfragen karikierten die persönliche Leistung Laschets, der inzwischen aber so viel an Boden verloren habe, dass er zusehen müsse, nicht den Anschluss zu verlieren.
Selbstdemontage der Kandidaten
Laschet und Baerbock haben sich, so von Lucke, letztlich selbst demontiert. Baerbock mit ihrem in weiten Teilen plagiierten Buch, das sie gar nicht hätte schreiben müssen, und Laschet mit dem Lacher in den Fluten. „Scholz ist von seinem ganzen Naturell her so zurückhaltend, dass ihm ein so dummer Lacher, der Laschet möglicherweise die Wahl kostet, nicht unterlaufen wäre“, sagt von Lucke.
"CDU/CSU und Grüne verzichten auf die besten Kandidaten"
Dass die SPD in den Umfragen überhaupt auf Augenhöhe und bei Forsa sogar vor der Union gesehen werde, sei dem historischen Phänomen geschuldet, dass bei dieser Wahl die favorisierten Parteien CDU/CSU und Grüne auf ihre besten Kandidaten verzichteten. „Nur das erklärt den Höhenflug der SPD“, sagt von Lucke. Ein Kandidatentausch – Markus Söder statt Armin Laschet bei CDU/CSU und Robert Habeck statt Annalena Baerbock bei den Grünen - würde nach Meinung Luckes beiden Parteien nützen. „Aber nur, wenn es geräuschlos über die Bühne ginge, und das ist völlig ausgeschlossen.“
"Söder hätte Union auf über 30 Prozent gebracht"
Markus Söder hätte nach Ansicht von Luckes die Union sicherlich über die 30 Prozent gebracht, aber die CDU habe nicht zugunsten der CSU verzichten mögen. „Es war der fatale Gedanke parteienegoistischer Art der CDU, ‚wir dürfen uns diese Kränkung nicht zufügen lassen.“ Das habe die CDU zur Frage des eigenen Selbstbewusstseins deklariert. Von Lucke: „Würde Söder nicht immer Söder sein, und den eigenen Kandidaten an die Wand spielen, dann sähe es anders aus.“