Suche nach autistischen Jungen aus Bremervörde
Das sagt Arians (6) Mama ihrem vermissten Jungen in Sprachnachrichten

Seit Tagen bewegt das Schicksal des kleinen Arian die Menschen in ganz Deutschland.
Viele Helfer beteiligen sich an der Suche nach dem sechsjährigen Jungen, darunter auch Expertinnen wie Jutta Bertholdt. Die Ergotherapeutin ist Fachfrau für Autismus und erklärt im Nachrichtenmagazin Spiegel, was die Einsatzkräfte bei der Suche nach Arian beachten sollten. Um den kleinen Jungen zu finden, werden unter anderem Sprachnachrichten seiner Mutter und seines Bruders laut abgespielt.
Arians Spur verliert sich am Waldrand

Der Junge wird seit Montag vermisst. Die Suche geht weiter. Zuletzt gesehen wurde er gegen 19.15 Uhr in seinem Wohngebiet in Bremervörde-Elm gesehen. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie er in Richtung eines nahen Waldes lief. Dort verliert sich seine Spur.
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Seit Montag sind Hunderte Einsatzkräfte und Helfer auf den Beinen und durchsuchen die Gegend rund um das betroffene Wohngebiet. Aufgrund der niedrigen Temperaturen und der vergleichsweise leichten Bekleidung Arians - er trug einen Pullover, aber keine Jacke – ist die Lage sehr ernst.
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Expertin: „Autisten fällt es schwer, unser gesellschaftliches Verhalten nachzuvollziehen"
Was die Suche zusätzlich erschwert: Arian ist Autist und reagiert nicht auf Ansprache. Die Wahrnehmung autistischer Menschen sei eine andere, erklärt Expertin Bertholdt im Spiegel. Autisten „nehmen alles auf, was sie sehen, hören, riechen, schmecken, aber in einer anderen Qualität als wir. Informationen und Eindrücke kommen häufig ungefiltert an“, sagt sie. Es falle ihnen in der Regel schwer, „unser gesellschaftliches Verhalten“ nachzuvollziehen und die Stimmung anderer Menschen zu verstehen, so die 57-Jährige.
Sie gehe davon aus, dass Arian keine Angst im Wald oder vor Dunkelheit habe. „Vermutlich ist es die Gesellschaft, die ihm Angst macht“, sagt sie in dem Interview. Daher habe sie den Einsatzkräften geraten, nicht nach dem Kind zu rufen. Das könne ihm Angst machen und dazu bewegen, wegzulaufen. Arian dürfte orientierungslos sein, so die Expertin.
Per Lautsprecher fordert sein Bruder Arian zum Spielen auf

Sie erklärt die Lautsprecherdurchsagen, die bei der Suche nach dem Jungen eingesetzt werden. Zum einen wird eine Nachricht seines Bruders abgespielt, der ihn auffordert, zu ihm zu kommen und mit ihm zu spielen. Zudem wird die Stimme seiner Mutter abgespielt, die Arian das erlaubt. Grund hierfür: Autisten seien „schnell überfordert und hilflos in Entscheidungssituationen“, so Bertholdt. „Dann fragt er seine Mutter oder Vater: Darf ich das?“
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Die Frage, ob sie glaube, dass Arian lebend gefunden wird, möge sie sich nicht stellen, sagt die Ergotherapeutin weiter. Allerdings können sie sich vorstellen, dass er als Autist bessere Chancen habe als ein anderes Kind: „Die Belastung ist für ihn vielleicht nicht so groß wie für andere, weil er vielleicht Hunger und Durst nicht so schlimm wahrnimmt. Und er wird sich vermutlich nicht ekeln und zum Beispiel aus Pfützen trinken und Gräser essen.“
Polizei bleibt optimistisch, dass Arian wohlbehalten gefunden wird
Auch die Polizei gibt sich weiter optimistisch: „Wir glauben immer noch fest daran, dass wir Arian wohlbehalten finden können“, so Sprecher Michael Butt. Die Suche ist ein Wettlauf gegen die Zeit, dabei lassen die Helfer nichts unversucht. In der Nacht zu Donnerstag wurde ein Feuerwerk abgebrannt, da Arian das mag. In dem Waldgebiet, das an sein Elternhaus angrenzt, hängte die Feuerwehr auf Wunsch der Eltern Luftballons und Süßigkeiten auf.
Die Suche nach Arian erinnert an das traurige Schicksal des kleinen Mathis aus Saarbrücken, der ebenfalls Autist war und im vergangenen Oktober spurlos verschwand.
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Viele Helfer hatten tagelang nach dem Fünfjährigen gesucht, ehe er ertrunken in der Saar gefunden wurde.