Die Deutschen sind Vorsorgemuffel
Zu welchem Arzttermin sollte ich wie oft und ab welchem Alter?

Wann wart ihr zuletzt bei der Vorsorge?
Ja, die Deutschen sind echte Vorsorgemuffel. Lässt man diese schleifen, kann das allerdings gravierende Folgen haben. Doch welche Untersuchungen sollte ich eigentlich ab welchem Alter regelmäßig machen? Welche sollte ich mir genau überlegen? Und was zahlt eigentlich die Kasse? Ein Überblick.
Welche Untersuchungen werden vernachlässigt und was sind die Folgen?
Vernachlässigt werden vor allem Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, erklärt uns Dr. Nina Buschek, Ärztin, Journalistin und Gesundheitsexpertin der „Apotheken Umschau“, im Interview mit RTL. Männer seien dabei besonders „vorsorgefaul“. So lasse laut Zahlen der AOK nur knapp ein Drittel der Männer zwischen 54 und 70 regelmäßig die Prostata checken, so die Expertin weiter. Frauen hingegen achten besser auf ihre Gesundheit.
Bleiben Erkrankungen unerkannt und unbehandelt, schreiten diese fort. So können Diabetes und Bluthochdruck das Herz und die Gefäße schädigen – vor allem wenn man auch noch raucht, schlechte Cholesterinwerte oder Übergewicht hat. Die Folge: ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch Krebserkrankungen breiten sich unentdeckt und unbehandelt weiter im Körper aus und können im schlimmsten Fall zum Tod führen.
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Welche Untersuchungen sind wichtig? Und wann zahlt die Krankenkasse?
Vorsorgeuntersuchungen sind ein Angebot für Menschen, die keine Beschwerden haben. Niemand muss zur Vorsorge gehen, erklärt Buschek. „Das Ziel ist, schwere Erkrankungen, die häufig vorkommen, die aber gut behandelbar sind, frühzeitig zu erkennen.“ Die Untersuchungen können beim Hausarzt oder Facharzt durchgeführt werden.
„Beim Hausarzt oder der Hausärztin werden wir zum Beispiel auf Bluthochdruck oder Diabetes durchgecheckt – zwei Volkskrankheiten, die man oft lange nicht spürt, die aber unbehandelt schwere Folgen haben können, wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder unwiederbringliche Augen- und Nierenschäden“, erklärt die Medizinerin. Diese Untersuchung wahrzunehmen, sei absolut ratsam – und kostenlos: Ab 35 Jahren bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen den sogenannten „Check 35“ alle drei Jahre.
Ebenfalls von den Krankenkassen übernommen werden die Kosten für die Checks auf Darmkrebs, Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Prostatakrebs und Hautkrebs. „Diese Früherkennungsuntersuchungen dienen dazu, eine eventuelle Krebserkrankung zu entdecken, bevor sie Beschwerden macht“, so Buschek.
Was man sich der Medizinerin zufolge allerdings klar machen sollte: „Die ‘Vorsorge’ verhindert nicht unbedingt, dass man Krebs bekommt. Sie eröffnet aber die Chance, Krebs so früh zu entdecken, dass er noch heilbar ist.“
Das gelinge vor allem bei der Darmkrebsvorsorge sehr oft: Entdecke man bei der hierfür nötigen Darmspiegelung kleine Polypen im Darm, die Vorstufen von Darmkrebs sein können, könne man diese sofort entfernen. Der Krebs könne also gar nicht erst entstehen. Sehr wirksam seien auch das Hautkrebs-Screening und die Untersuchung auf Gebärmutterhalskrebs. Denn auch hier können Vorstufen eines bösartigen Tumors entdeckt und behandelt werden, erklärt Buschek.
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Für Kinder gebe es zudem die gesetzlichen U-Untersuchungen. „Sie dienen dazu, die gesunde Entwicklung zu überwachen, alle Impfungen rechtzeitig zu planen und früh reagieren zu können, wenn ein Kind zum Beispiel schlecht hört, schlecht sieht oder bei der motorischen Entwicklung keine altersentsprechenden Fortschritte macht.“
„Die Mammographie ist eine Vorsorgeuntersuchung, die man durchaus auch kritisch sehen kann“, sagt die Medizinerin. „Sie ist in Studien gut untersucht und man weiß, die Aussagekraft ist fraglich. Es hängt sehr stark vom Brustgewebe der Frau ab, wie gut man die Brust beurteilen kann. Und es besteht auch das Risiko für sogenannte falsch-positive Befunde, also dass man etwas in der Brust findet, was aber gar kein Krebs ist. Also es kann sein, dass die Frau nach der Mammographie eine Behandlung bekommt, die gar nicht nötig ist.“ Buschek rät, sich bei der Mammographie gründlich zu informieren und abzuwägen.
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Gibt es wichtige Untersuchungen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden?
„Untersuchungen, die medizinisch notwendig sind, werden auch von der Kasse gezahlt“, erklärt Buschek. „Das sind neben den gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen natürlich auch alle Untersuchungen, die ein Arzt oder eine Ärztin empfiehlt, wenn man Beschwerden hat, oder Risikofaktoren für Erkrankungen.“
Das könne zum Beispiel auch eine Hautauffälligkeit sein. In dem Fall werde eine Untersuchung auch außerhalb der üblichen Vorsorgeintervalle übernommen. Für eine aus ärztlicher Sicht sinnvolle Untersuchung sollte man also nicht extra zur Kasse gebeten werden, sagt die Medizinerin.
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Zu welchen Arztterminen sollte ich ab welchem Alter gehen?
Vorsorgetermine für Erwachsene:
ab 18: Zahnvorsorge – Untersuchung jährlich
18-35: Check-up-Arztgespräch, körperliche Untersuchung, Blutdruck, wenn nötig Blutprobe, Beratung einmalig
Frauen ab 20: Untersuchung auf Gebärmutterhalskrebs: Pap-Abstrich und HPV-Test jährlich, ab 35 Jahren alle drei Jahre ein Kombi-Test
Frauen bis 25: Chlamydien-Screening Urintest – jährlich
Frauen ab 30: Brustuntersuchung Tastuntersuchung – jährlich
ab 35: Check-up-Arztgespräch, körperliche Untersuchung, Blutdruck, Blutprobe, Urintest, Beratung alle drei Jahre
ab 35: Hautkrebs-Früherkennung – Inspektion der gesamten Haut alle zwei Jahre
Männer ab 45: Untersuchung der Prostata und der äußeren Genitalien – Tastuntersuchung jährlich
ab 50: Darmkrebs-Früherkennung – Test auf Blut im Stuhl jährlich (50 bis 55 Jahre, dann alle 2 Jahre); alternativ: Männer ab 50 und Frauen ab 55: Darmspiegelung 2x, Abstand 10 Jahre
Frauen ab 50-69: Mammographie-Screening – Brustkrebs-Früherkennung alle zwei Jahre
Frauen ab 55: Darmkrebs-Früherkennung – zwei Darmspiegelungen im Mindestabstand von zehn Jahren. Wer daran teilnimmt, braucht keinen Test auf Blut im Stuhl
Männer ab 65: Früherkennung Bauchaorten-Aneurysma – einmalige Ultraschalluntersuchung
Im Video: Darum ist Brustkrebs-Vorsorge so wichtig
Welche Impftermine sind wichtig für Erwachsene?
Wichtige Impfungen für Erwachsene:
Masern
Polio (Kinderlähmung) – vervollständigen
Pertussis (Keuchhusten) – einmalige Auffrischung
Influenza (Grippe) – von der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Gesunde nicht empfohlen, aber sinnvoll jährlich
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Diphtherie – Auffrischung alle zehn Jahre
Covid-19 – Grundimmunisierung
Impfungen ab 60:
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Diphtherie – Auffrischung alle zehn Jahre
Pertussis (Keuchhusten)
Polio (Kinderlähmung) – vervollständigen
Pneumokokken (Lungenentzündung) – einmalige Standardimpfung, Auffrischung alle sechs Jahre sinnvoll
Herpes zoster (Gürtelrose) – zweifach innerhalb von sechs Monaten
Influenza (Grippe) – jährlich
Covid-19 – Grundimmunisierung plus jährliche Auffrischung
Manche sagen, man sollte seine Arzttermine alle am Anfang des Jahres vereinbaren. Ist das sinnvoll?
„Nicht alle Praxen vergeben im Januar schon Termine für den Herbst“, gibt Buschek zu bedenken. Allerdings kann man sich natürlich selbst Termine setzen, wann man sich um die Vorsorge kümmern will. „Mein Tipp: Auch die Vorlaufzeit einplanen, bis man einen Termin bekommt. Bei Fachärzten muss man häufig mehre Wochen warten, bis man einen Termin bekommt“, rät die Expertin.
Dieser Artikel erschien zum ersten Mal am 1.1.2023 auf RTL.de und wurde seitdem aktualisiert.