Urteil nach Überfall auf Bremer Uhrmacher
Mutige Nachbarin verdrischt Einbrecher – jetzt wandert er in den Knast

Mit einem Messstock schlägt sie den Räuber in die Flucht!
Vermummt betritt der Angreifer (21) im April den Uhrmacherbetrieb im Bremer Steintorviertel und prügelt brutal auf den 72-jährigen Uhrmacher ein. Erst als Nachbarin Ute Kraft in das Geschäft stürmt, lässt der junge Täter von seinem Opfer ab. Eine Überwachungskamera zeichnet alles auf. Vor dem Bremer Landgericht ist jetzt das Urteil gegen den 21-Jährigen gefallen.
3 Jahre Haft für den Prügel-Räuber
„Eigentlich bin ich nicht so ein Mensch. Es tut mir sehr leid alles”, reagiert der 21-jährige Täter auf sein Strafmaß. Ute Kraft, die mutige Nachbarin, die ihn damals in die Flucht geschlafen hat, glaubt ihm. „Ich bin ganz froh, dass das jetzt einen Abschluss gefunden hat, für mich auch persönlich. Mir tut das leid, dass er sich damals so entschieden hat. Und ich würde ihm wünschen, dass er später ganz toll heiratet und Kinder bekommt”, erzählt sie nach dem Urteil im Gespräch mit RTL.
Für ihren Mut wird die 54-Jährige im Mai von Bremens Innensenator ausgezeichnet. „Ich würde wahrscheinlich gleich wieder reagieren. Wahrscheinlich nicht genauso, aber ich würde auf jeden Fall sofort wieder irgendetwas machen, das ist ganz klar.“
Lese-Tipp: Heldenhafte Nachbarin schlägt Räuber in die Flucht - „Dann hab ich ihm eine drüber gehauen”
Überfall am helllichten Tag: Uhrmacher ist völlig ahnungslos
Mit Faustschlägen und Reizgas greift ein vermummter Täter am 3. April einen Uhrmacher im Bremer Steintorviertel an. Der 72-jährige Uhrmacher ist an diesem Tag allein im Geschäft. Auf den Bildern der Überwachungskamera ist später zu sehen, wie der ältere Mann schützend die Hände vors Gesicht hebt, abwehren kann er den Angreifer nicht. Mit voller Kraft prügelt dieser auf den Kopf seines Opfers ein. Dutzende Schläge bringen den 72-Jährigen zu Fall.

Schneiderin Ute Kraft hört die Schreie ihres Nachbarn. Ohne zu zögern greift sie nach einer Schneiderelle – einem langen Messstock, den sie für ihre Arbeit benutzt, und stürmt in das Geschäft. „Dann habe ich ihm eine drüber gehauen”, erzählt sie damals im RTL-Interview. „Beim Schlagen habe ich noch gedacht: ‘So eine Scheiße, der Stock ist zu dünn.’” Doch sie gibt nicht auf und schlägt hartnäckig auf den Angreifer ein, bis er schließlich flieht.
Wenige Tage nach der Tat veröffentlicht die Polizei die Aufnahmen - mit Erfolg. Der 21-Jährige wird am 19. April festgenommen.
Im Video: Kamera hält Angriff auf Uhrmacher fest
Verteidiger: „So brutal sei es nicht gewesen”
Die schreckliche Tat habe Spuren hinterlassen, heißt es von der Anwältin des Uhrmachers. Ihr Mandant leide immer noch an den psychischen Folgen des Angriffs. In ihrem Plädoyer verweist auch die Staatsanwaltschaft auf die besonders hohe Brutalität des Angriffs. Der Angeklagte habe dabei schwerwiegende Verletzungen in Kauf genommen. Für den 21-Jährige spreche aber, dass er bereits am ersten Prozesstag die Tat gestanden habe und die Tat scheinbar aufrichtig bereue. Die Staatsanwaltschaft fordert aus diesem Grund vier Jahre Haft ohne eine Unterbringung in einer Erziehungsanstalt.
Lese-Tipp: Nach brutaler Attacke auf Uhrmacher (72): Spezialkräfte nehmen 21-Jährigen fest
Für den Anwalt des 21-Jährigen ergibt sich ein anderes Bild. Die Videoaufzeichnungen aus dem Uhrmachergeschäft würden die Tat verzerren – so brutal sei es nicht gewesen. Der Angeklagte zeige Reue, die Verteidigung plädiert auf eine zweijährige Bewährungsstrafe.