HNO-Arzt erklärt Ursachen - und wann ihr zum Arzt solltetHilfe, mein Partner schnarcht massiv! Muss ich mir jetzt Sorgen machen?

von Dr. Mark Jakob

Männer tun es, Frauen tun es, Kinder und Babys auch: schnarchen!
Es geht auf Schwingungen des Gewebes zurück, das sich im Schlaf entspannt. Der Auslöser ist eine Verengung der Atemwege. Meist ist Schnarchen ganz harmlos – aber eben nicht immer.

Mein Mann schnarcht: Ist das gefährlich?

Für die Schnarchgeräusche selbst kann ich mit Einschränkung Entwarnung geben: So nervtötend sie für die Betroffenen und ihr Umfeld sein können, eine Bedrohung der Gesundheit stellen sie nicht dar. Wenigstens keine direkte.

Natürlich gehen die schnarchbedingten Schlafstörungen vielen Betroffenen an die Substanz und erhöhen das Risiko für psychische Beschwerden oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer sich im Schlaf nicht ausreichend erholen kann, ist tagsüber schließlich oft müde und gereizt. Bluthochdruck oder sogar Herzrhythmusstörungen werden dadurch wahrscheinlicher.

Die größte Gefahr besteht für die meisten Schnarchenden aber in der Entwicklung einer sogenannten Schlafapnoe, die schwerwiegende Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und die allgemeine Gesundheit haben kann. Einfach gesprochen sind die Atemwege in diesem Fall so stark verengt, dass es zu Atemaussetzern kommt. Sie können zigmal pro Stunde auftreten und in schweren Fällen minutenlang andauern.

Lese-Tipp: Macht dieses Kissen endlich Schluss mit Schnarchen? Wir machen den Test!

HNO-Arzt Dr. Mark Jakob.
Dr. Mark Jakob erklärt, wann Betroffene zum Arzt gehen sollten.
Dr. Mark Jakob (Privat)

Was so dramatisch klingt, betrifft in Deutschland tatsächlich Millionen von Männern und in vielfach unterschätztem Ausmaß auch Frauen. Gerade weil Frauen oftmals leiser schnarchen oder das Thema aus Scham meiden, bleibt eine Schlafapnoe bei ihnen häufiger unentdeckt. Wer auf diskrete Art feststellen möchte, ob er betroffen ist, kann als ersten Schritt eine App zu Hilfe nehmen, die die eigenen Schlafgeräusche aufzeichnet. Die Aussetzer sind auf diese Weise oft schon gut hörbar.

Um endgültige Klarheit zu erlangen, sollte man im Verdachtsfall aber unbedingt einen HNO-Arzt oder Schlafmediziner aufsuchen.

Gefahren bei einer unerkannten Schlafapnoe:

  • Herz-Kreislauf-Probleme

  • Tagesmüdigkeit

  • Sekundenschlaf beim Rad- oder Autofahren

  • Starkes Schwitzen im Schlaf

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • Potenzprobleme und allgemeine Unlust

Woher kommt das Schnarchen?

Die Schnarchgeräusche können unterschiedliche Ursachen haben. Letztlich kommen sie aber alle aus dem Rachen und gehen auf Schwingungen des Gewebes zurück, das sich im Schlaf entspannt. Der Auslöser ist eine Verengung der Atemwege. Während sich bei einigen Schnarchern Zäpfchen und Gaumenbögen der Zunge annähern und so für den Engpass sorgen, ist es bei anderen die nach hinten fallende Zunge, die den Effekt erzeugt. Einem erfahrenen Hals-Nasen-Ohren-Arzt verrät oft schon der Klang des Schnarchens, wo und wie es entsteht.

Anfällig für Schnarchprobleme sind vorwiegend Menschen, bei denen die oberen Atemwege von Natur aus oder durch Fettanlagerung bereits eng sind.

Aber auch andere Faktoren haben einen Einfluss darauf, ob man schnarcht oder nicht. Eine blockierte Nase oder auch der Konsum von Alkohol und Zigaretten kann die Geräuschentwicklung im Schlaf ebenso beeinflussen wie das Alter oder die allgemeine körperliche Verfassung.

Die drei Formen der Schlafapnoe:

  • Obstruktive Schlafapnoe (häufigste Form): Atemaussetzer von mindestens zehn Sekunden durch erschlaffte Muskulatur im Rachenbereich

  • Zentrale Schlafapnoe (seltene Form): Atemaussetzer durch krankheitsbedingte Steuerungsmängel der Atemmuskulatur im Gehirn (beispielsweise nach Schlaganfall)

  • Komplexe Schlafapnoe: Eine Mischform der zentralen und obstruktiven Schlafapnoe

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Kann man Schnarchen behandeln?

Das Beschwerde- und Krankheitsbild beim Schnarchen ist meist sehr komplex, weist also viele Einzelaspekte auf.

Die meisten davon sind behandelbar. Wichtig ist vorab natürlich, beim Facharzt die Ursachen zu klären. Hinter dem Phänomen Schnarchen kann nämlich auch eine Allergie, beispielsweise eine unerkannte Hausstaubmilbenallergie, stecken. Kann so etwas ausgeschlossen werden, versucht ein HNO-Arzt oder eine Schlafmedizinerin zu klären, was genau die Atmung im Schlaf behindert.

Eine Nase, die nicht „frei“ ist, sollte, falls vorhanden, von Polypen befreit werden. Diese Wucherungen können ebenso für das Schnarchen verantwortlich sein wie eine schiefe Nasenscheidewand. Wir können auch das im wahrsten Sinne des Wortes durch einen chirurgischen Eingriff richten. Man darf sich allerdings keine Illusionen machen: Nur in relativ wenigen Fällen lässt sich das Schnarchproblem einfach so wegoperieren.

Lese-Tipp: Nasennebenhöhlen dicht? Wie ihr auch ohne Antibiotikum wieder frei atmen könnt

Unerlässlich bei der Ergründung des Schnarchens ist die sogenannte Polygraphie, also das Schlafscreening. Dank der mittlerweile sehr guten Aufzeichnungsgeräte ist es für Betroffene meistens nicht mehr nötig, sich in ein Schlaflabor zu begeben. Das hat große Vorteile. Meiner Erfahrung nach wird das individuelle Schlafverhalten sehr viel besser wiedergegeben, wenn Schnarchende das Screening in ihrer gewohnten Schlafumgebung durchführen.

Aktuelle Polygraphiegeräte sind technisch so ausgefeilt, dass sie nahezu alle Schlaffaktoren anlaysieren, ob Körperlage, Schnarchgeräusche, Schlafphasen oder Atemaussetzer. Die erhobenen Daten können oftmals sogar auf Distanz von Ihrem Arzt ausgelesen werden.

Auf Grundlage von diesem Material, körperlichen Untersuchungen und Gesprächen mit dem Patienten bzw. der Patientin kann dann die Behandlung vorgenommen werden.

Wie werden Schnarchen und Atemaussetzer therapiert?

Falls vorhanden: Behandlung der zugrunde liegenden Allergie

  • Abnehmen bei übergewichtsbedingten Schnarchproblemen

  • Anpassung der Schlafgewohnheiten (Schlafhygiene)

  • Nase und Rachen werden gegebenenfalls operativ „frei gemacht“

  • Nächtliches Tragen einer individuell angepassten Anti-Schnarch-Schiene (Protusionsschiene)

  • Bei Atemaussetzern (Apnoe) kommen ein CPAP-Gerät und eine Nasenmaske zum Einsatz, die die Atemwege frei halten

Prof. Dr. med. Mark Jakob ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie Spezialist für Allergologie, Schlafmedizin und plastische Operationen. Im Bereich der plastischen Gesichtschirurgie liegen seine Schwerpunkte auf ästhetischen Nasenkorrekturen und funktionellen Nasen-OPs, etwa an Nasenscheidewand und Nasennebenhöhlen. Für RTL schreibt er in seinen Kolumnen über die Gesundheitsthemen, die ihm in seinem Praxisalltag begegnen.