Auftakt im historischen Rathaus MünsterBundeskanzler Friedrich Merz zum Antrittsbesuch bei NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußert Zweifel an der vielzitierten ersten «Stimmungsprobe» für seine Regierung bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen.
Hendrik Wüst und Friedrich Merz gemeinsam in Münster
Guido Kirchner/dpa
von Sebastian Reddig und Patricia Brinkmann

Friedrich Merz ist aktuell zu seinem ersten offiziellen Besuch als Kanzler nach NRW gekommen. Zum Auftakt wählte er das historische Rathaus von Münster – ein Ort voller Symbolik. Drinnen Einigkeit mit Wüst, draußen Proteste gegen Krieg und Kanzler.

Auftakt mit politischer Botschaft

Friedrich Merz war am Montag (01.09.) zu seinem ersten offiziellen Besuch als Bundeskanzler in Nordrhein-Westfalen gekommen. Der Ort zum Auftakt – ganz bewusst gewählt: Im historischen Rathaus von Münster. Dort wurde 1648 der Westfälische Frieden verhandelt, ein Symbol für Einigkeit und Neuanfang. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte den Kanzler betont herzlich, machte aber direkt deutlich, dass er selbst die Gesprächsführung übernehmen wird: „Soll ich mal anfangen? Ich fang an!“, so Wüst zum Auftakt des Treffens. Nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt folgt eine alte Münsteraner Tradition: Ein Schluck Wein aus dem „Goldenen Hahn“, einem prunkvollen Pokal aus dem 17. Jahrhundert – Symbol der Gastfreundschaft.

Lob für Münster, Kritik von der Straße

In seiner Rede zeigte sich Merz angetan von der Region: „Diese Symbiose aus ländlichem Raum und urbanem Zentrum, die hat mir immer schon gefallen und die kommt in wenigen Städten und Regionen so schön zum Ausdruck wie in Münster und im Münsterland.“ Während drinnen Einigkeit zelebriert wurde, gab es draußen Kritik: Rund 75 Demonstranten nutzten den Antikriegstag, um Merz Kriegsnähe vorzuwerfen. „Dem Bundeskanzler schien das unangenehm zu sein, dass hier protestiert wird. Er ist sehr schnell vorbeigelaufen. Er hat kein Foto mehr vor der Treppe gemacht vor dem Rathaus, wie das sonst üblich ist“, berichtet Demonstrant Ramez Ekbal.

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Transformation, Streit und Zweckgemeinschaft

Themen des Tages waren neben Rüstung auch Forschung und die wirtschaftliche Zukunft von NRW. Das Bundesland soll sich vom ehemaligen Kohlerevier zu einem Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI) entwickeln. Dafür sollen Bund und Länder künftig enger zusammenarbeiten – trotz der aktuellen Spannungen in Berlin. Denn am Wochenende hatte Kanzler Merz gewarnt, dass der deutsche Sozialstaat so nicht mehr finanzierbar sei. Die Reaktion aus der eigenen Koalition folgte prompt. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) konterte deutlich: „Dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat nicht mehr leisten können, ist – und da entschuldige ich mich für die Wortwahl – Bullshit!“

Einigkeit mit Fragezeichen

Wüst und Merz zeigten sich in Münster demonstrativ geschlossen – auch optisch: Beide groß gewachsen, beide CDU, beide mit Kanzlerambitionen. Die frühere Konkurrenz scheint beigelegt, zumindest nach außen. „Zur Atmosphäre: Gut, sehr gut. Kann ich nur sagen. Ich bin Westfale, da müssen wir nicht viele Worte sagen. Wenn es so ist: gut, sehr gut“, so Wüst. Doch der Druck auf den Kanzler wächst. In den Umfragen schneidet Merz nach 100 Tagen im Amt schlechter ab als Vorgänger Olaf Scholz. Besonders sein Stopp von Waffenlieferungen an Israel sorgt für Unmut innerhalb der Union. Und auch aus Bayern kommt Gegenwind: CSU-Chef Markus Söder fordert mehr Länderrechte bei der Erbschaftssteuer – Merz möchte an einer bundeseinheitlichen Regelung festhalten. Der NRW-Besuch des Kanzlers endet am Freitag (05.09.) in Jülich – mit einem Zukunftsthema: Dort wird der schnellste Supercomputer Europas eingeweiht.