Aerosolforscher klärt auf
Fast jeder Zehnte geht mit Corona zur Arbeit: An diesem Platz im Büro ist die Ansteckungsgefahr am größten

Unglaublich, aber wahr: Fast jeder zehnte Corona-Erkrankte erscheint einer Umfrage der Betriebskrankenkasse Pronova BKK zufolge bei einem milden Verlauf trotz positiven Tests im Büro oder im Betrieb – und gefährdet damit seine Kolleginnen und Kollegen. Um sich vor einer Ansteckung zu schützen, helfen nicht nur Maske und Co. – auch die Wahl des Arbeitsplatzes kann einen Effekt haben. Wir verraten Ihnen, wo Sie im Großraumbüro Platz nehmen sollten und wo besser nicht.
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Experte rät: Ab ans Fenster!
Allgemein gilt: In geschlossenen Räumen ist das Risiko höher, sich zu infizieren, als an der frischen Luft. Davon sind auch Großraumbüros nicht ausgenommen, erklärt Aerosolforscher Dr. Christof Asbach bereits in einem früheren Interview mit RTL. Denn hier können sich Viren konzentrieren, während sie draußen schnell abtransportiert werden und sich die Konzentration in der Luft rasant verdünnt. Deshalb sollten Arbeitnehmer die Außenbedingungen nachkonstruieren – und dafür heißt es: Fenster auf!
Arbeitnehmer, die in der Mitte des Raumes sitzen, sollten sich deshalb schleunigst einen neuen Platz suchen. Am besten wählen Sie stattdessen einen Schreibtisch am Fenster, rät der Experte. Denn der Sitzplatz punktet nicht nur mit einer schönen Aussicht. „Prinzipiell gilt: So lange ich am geöffneten Fenster und das bedeutet am vollständig geöffneten Fenster sitze, atme ich nur Außenluft ein. Und dass von außen Viren hereinströmen, ist äußerst unwahrscheinlich. Solange ich am geöffneten Fenster sitze, ist mein Risiko deutlich reduziert“, sagt er.
Besser nebeneinander als gegenüber sitzen
Außerdem gilt: Wer die Wahl hat, sollte sich lieber neben den Kollegen setzen und nicht den Platz gegenüber wählen. Denn beim Ausatmen und Sprechen stoßen wir mehr Aerosole und wenn wir infiziert sind damit auch Viren aus, so Asbach: „Wenn mir jetzt jemand sehr nah gegenüber sitzt oder steht, könnte mein Gegenüber diese Wolke direkt einatmen.“ Gegen dieses direkte Infektionsszenario kommt auch das offene Fenster nicht an.
Wichtig ist trotzdem, Abstand zueinander zu halten. Und: Sich beim Quatschen dann nicht zum Kollegen zu drehen. „Wir alle haben mal gelernt, dass man sich anguckt, wenn man miteinander spricht. Das ist in diesem Fall eher kontraproduktiv. Wenn man den Kopf einander zuwendet, hat man wieder die Situation, die man vermeiden möchte.“
Arbeitsplatz mit Plexiglasscheibe nur in Fensternähe
In vielen Büros trennen inzwischen Plexiglasscheiben die Arbeitsplätze voneinander ab. Doch das hilft nur wenig, sagt Aerosol-Experte Dr. Gerhard Scheuch auf RTL-Nachfrage: „Scheiben sind nebeneinander sitzend überflüssig.“ Wenn es sich jedoch nicht vermeiden lässt, dass man dem Kollegen ohne einen Abstand von 1,5 Metern gegenüber sitzt, dann helfen sie. Dem stimmt Dr. Christof Asbach zu: „Diese Scheiben können eine direkte Ansteckung vermeiden. Wenn ich jetzt eine Aerosol-Wolke ausstoße und hinter der Scheibe befindet sich jemand ohne Mindestabstand, dann würde die Aerosol-Wolke erst mal zurückgehalten und umgelenkt und könnte nicht direkt eingeatmet werden.“
Doch Achtung: Die Scheiben können auch kontraproduktiv sein! Sie bilden Strömungshindernisse beim Lüften. Deshalb gilt auch hier: so nah wie möglich direkt am Fenster Platz nehmen.
Davon hängt das Infektionsrisiko im Büro ab
Wie hoch das Infektionsrisiko im Büro ist, hängt laut Aerosolforscher Scheuch von folgenden Faktoren ab:
der Anzahl der Menschen im Raum
der Zeit, die man zusammen im Raum verbringt
der Größe des Büros
der Häufigkeit der Lüftungsintervalle
dem Einsatz von mobilen Raumluftreinigungsgeräten
eventuell dem Tragen von Masken.
Achtung: Auf der Toilette sollten Sie die Maske anbehalten
Sobald Angestellte den Arbeitsplatz verlassen, gilt in einigen Großraumbüros Maskenpflicht. Doch sobald die Toilettentür hinter einem ins Schloss fällt, ziehen viele den Mund-Nasen-Schutz ab – ein Kollege ist dann ja nicht mehr in Sichtweite. Doch gerade jetzt sollte man die Maske weiterhin tragen. Denn obwohl man vielleicht keinen direkten Kontakt mit einer infektiösen Person hat, könnte man sich anstecken. Vor allem gilt das für Toilettenräume, in denen kein Fenster oder eine Lüftungsanlage für Frischluft sorgt.
Der Grund: Wenn ein Infizierter den Raum betritt, dann atmet er Aerosole aus. Und diese Partikelchen halten sich lange in der Luft: „Dann kann ich auch eine Viertelstunde später reingehen, begegne niemandem, fühle mich sicher, atme aber die Viren ein und kann mich infizieren“, warnt Asbach. Dasselbe gilt übrigens auch für andere kleinere Räume ohne Frischluftzufuhr, wie etwa das Druckerkämmerchen oder der Aufzug. Asbach rät dazu, dort weiterhin die Maske zu tragen.
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Es gilt also: Achten Sie darauf, dass Sie mit möglichst wenigen Menschen möglichst wenig Zeit in möglichst großen Räumen verbringen. Lüften Sie so häufig es geht und tragen Sie eine Maske – vor allem wenn Sie Ihren Arbeitsplatz verlassen und dadurch Mindestabstände nicht einhalten können oder in schlecht belüftete Räume wie die Kaffeeküche, den Druckerraum oder die Toilette gehen. (ebr/akr)