Gesundheitsexperte versteht Frust der Bürger: "Wir machen uns unglaubwürdig"
Lauterbach gegen Lockerungen und für Ausgangssperren
Die Corona-Pandemie hat uns weiter fest im Griff und während mancherorts die Hoffnung wächst, dass es zumindest teilweise wieder mehr Normalität geben könnte, macht sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach Sorgen. "Die Lage ist prekär. Wir sind mitten im Beginn einer schweren dritten Welle", sagt er im Interview mit RTL-Reporter Sebastian Reddig.
Diese vier Punkte sind für Karl Lauterbach jetzt wichtig

"Bis Mitte April werden wir die 200er-Inzidenz überschritten haben", warnt Lauterbach. Er findet: "Wir müssen etwas machen, sonst gerät uns die dritte Welle aus der Hand." Deswegen nennet er folgenden Vier-Punkte-Plan:
Notbremse konsequent ziehen
Beschlossene Lockerungen rückgängig machen, keine Modelversuche für weitere Lockerungen
Ausgangsbeschränkungen am Abend
Doppelte Testungen (zweimal pro Woche) in den Betrieben, um dort die Cluster zu unterbinden
Über Modellversuche und Lockerungen

„Die Modellversuche, wie sie gerade in Tübingen und anderen Bundesländern stattfinden, sehe ich sehr problematisch. Es ist ein völlig falsches Signal, jetzt Lockerungen zu machen, statt die Notbremse zu ziehen.
Es war falsch, den Menschen zu sagen, wir können lockern. Es ist ja schon seit sechs Wochen klar, dass wir hier ein Problem mit der Mutation haben.
Die Menschen können es auch nicht mehr hören, dass wir von Lockerungen sprechen, aber in Wirklichkeit wissen, dass es nicht geht. Wir werden unglaubwürdig. Ich glaube, der Bürger wartet jetzt mal auf einen Erfolg, den wir zeigen können. Ein solcher Erfolg wären stabile oder sinkende Fallzahlen. Das bekommen wir aber nicht hin, indem wir über Modellprojekte Lockerungen in Aussicht stellen.“
Über die zurückgenommene Osterruhe und Reisen

„Die Osterruhe hätte zu wenig gebracht, das Konzept hat mich nie überzeugt. Der Zeitraum ist viel zu kurz. Eigentlich müssten wir jetzt nicht nur die Notbremse ziehen, sondern noch darüber hinausgehen mit Ausgangsbeschränkungen.
Wir müssen an die Bürger appellieren, nicht zu reisen. Die Testpflicht für alle Reise-Rückkehrer könnte uns retten, es war allerhöchste Zeit, dass das kam.“
Warum Lauterbach Ausgangssperren so wichtig findet
„Wir benötigen Ausgangssperren ab 20 Uhr!
Ausgangssperren wirken, weil wir derzeit viele Kontakte haben, die zu Infektionen führen. Leider ist es so, dass die B1.1.7-Variante im privaten Umfeld zu sehr vielen Ansteckungen führt, insbesondere in den Familien.“
"Testungen sind keine Alternative zum Lockdown"

„Wir müssen die Testungen in den Betrieben zur Pflicht machen, zweimal pro Woche. Auch in den Schulen muss zweimal pro Woche getestet werden.
Es wird höchste Zeit, dass die Arbeitgeber sich beteiligen. Die Testungen sind nicht die Alternative zum Lockdown. Der Lockdown ist die Voraussetzung dafür, dass dann einmal stabile Fallzahlen durch die Testungen gehalten werden können
Die Stabilität, die wir benötigen, die Abnahme der Fälle, das Brechen des Wachstums, das bekommt man nur durch einen Lockdown hin und nicht durch Testungen allein.“