Das sagen Experten zu dem Phänomen
Geboosterte berichten vermehrt von Juckreiz und Nesselsucht

Nach einer Impfung mit einem Corona-Impfstoff kann es zu Nebenwirkungen kommen - wie bei jeder anderen Impfung auch. Denn das Immunsystem soll ja zu einer Reaktion veranlasst werden. Und manchmal spüren die Geimpften die eben auch. Meistens handelt es sich um Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen oder sogar Fieber. Doch jetzt berichten Medien aus der Schweiz, Geboosterte würden häufiger von Juckreiz geplagt und Nesselfieber entwickeln. Was steckt dahinter?
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„Es juckte so schlimm, dass ich direkt zum Arzt ging“
Apotheker in der Schweiz berichten von immer mehr Kunden, die wegen Hautirritationen nach Medikamenten fragen. Diese Hautirritationen sollen vornehmlich nach den Booster-Impfungen aufgetreten sein, berichtet 20minuten dort. Auch aus der Community des Mediums würden vermehrt von solchen Phänomenen berichtet. Bei einem 19-Jährigen sei der Hautausschlag fünf Tage nach der Booster-Impfung aufgetreten. „Es juckte so schlimm, dass ich direkt zum Arzt ging“, erzählt der junge Mann der Zeitung. Dort hätten sie ihm Medikamente verschrieben, die aber nicht wirkten.
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„Die Ärzte sprachen von einer Nesselsucht und nahmen meine Bedenken nicht ernst, dass der Booster der Auslöser war“, sagte der 19-Jährige demnach. Er habe keine Allergien und hätte an jenem Tag nichts anderes gemacht – außer eben die Booster-Impfung erhalten. „Ich muss Medikamente nehmen“, sagt der junge Mann. Die Drittimpfung sei nun bereits drei Wochen her und es sei immer noch nicht besser geworden. „Ich habe sogar mein Blut untersuchen lassen, doch es wurde nichts gefunden. Auch mein Hausarzt sagt jetzt, dass es von der Impfung kommen muss.“
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Immunantwort ist nach dem Booster stärker
Die Beobachtungen werden auch von Fachleuten bestätigt: „Tatsächlich stellen wir auf der Allergiestation am Universitätsspital Zürich fest, dass eine Urtikaria (Nesselfieber oder Nesselsucht, Anm. d. Red.) häufiger nach dem Booster auftritt als etwa bei der Erstimpfung – das ist aber grundsätzlich immer noch selten angesichts der Impfzahlen“, sagt Dermatologe und Allergologe Dr. Peter Schmid-Grendelmeier, wissenschaftlicher Beirat des „aha! Allergiezentrum Schweiz“ auf deren Website. Ähnliche Beobachtungen würden auch Apotheken sowie Ärztinnen und Ärzte machen. Der Grund: „Die Immunantwort ist nach dem Booster stärker als nach den ersten beiden Impfungen und daher sind auch unangenehme Nebenwirkungen möglicherweise verstärkt“, so der Experte.
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„Wenig verwunderlich, denn Juckreiz, Ausschlag oder Nesselsucht gehören zu den seltenen Nebenwirkungen der Vakzine“, sagt uns Medizinexperte Dr. Christoph Specht. „Das steht ja sogar im Beipackzettel.“ Je nach Hersteller werden sie mit einer Häufigkeit von 0,01 bis 10 Prozent angegeben, informiert der Apother-Dienst „Apotheke AdHoc“. „Dabei müssen die Symptome nicht zwingend an der Einstichstelle auftreten, sondern können den ganzen Körper betreffen“, sagt Specht. Und auch wenn diese Nebenwirkung selten ist: Bei tausenden von Impfungen täglich mehren sich die Fälle eben.
Moderna | Biontech/Pfizer |
Schmerzen an der Injektionsstelle (92%) | Schmerzen an der Injektionsstelle (<80%) |
Müdigkeit (70%) | Müdigkeit (<60%) |
Kopfschmerzen (64,7%) | Kopfschmerzen (<50%) |
Muskelschmerzen (61,5%) | Muskelschmerzen und Schüttelfrost (<30%) |
Gelenkschmerzen (64,4%) | Gelenkschmerzen (<20%) |
Frösteln (54,4%) | Frösteln (54,4%) |
Übelkeit/Erbrechen (23%) | |
Schwellungen/Empfindlichkeit im Achselbereich (19,8%) | |
Fieber (15,5%) | Fieber und Schwellungen an der Injektionsstelle (<10%) |
Schwellungen/Rötungen an der Injektionsstelle (14,7% / 10%) |
Länger andauernde Nesselsucht kann andere Ursachen haben
Aber sollte eine solche Nebenwirkung nicht eigentlich schnell abklingen? „Eine länger andauernde Urtikaria im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung und insbesondere der Booster-Impfung wird in einzelnen Fällen beobachtet“, sagt Schmid-Grendelmeier. Sie könne ausnahmsweise auch länger als 6 bis 8 Wochen bestehen. „Da gerade eine länger andauernde Urtikaria aber mannigfaltige Ursachen haben kann, ist ein Zusammenhang mit der Impfung nicht immer eindeutig und auch nicht zwingend“, so der Experte. In diesem Fall sollten sich Betroffene an einen Arzt oder eine Ärztin wenden, der oder die eine meist rasch wirkende Therapie, die meist auf Antihistaminika basiere, einleiten könne. „Und es können auch andere mögliche Ursachen evaluiert werden“, fügt er hinzu.
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Für Medizin-Experte Specht kommt noch eine weitere mögliche Erklärung für die vermehrten Beobachtungen ins Spiel: „Viele Menschen neigen dazu, sich selbst sehr genau zu beobachten nach einer Impfung und ordnen teils harmlose Phänomene der Impfung zu.“ Auch die von 20minuten befragten Apotheker, die tatsächlich einen Zuwachs an Nachfragen für Hautsalben registrieren, sind skeptisch. Sie hätten oft das Gefühl, dass vor allem sensible Menschen, die bereits vorher eher eine kritische Einstellung gegenüber der Impfung hatten, zu gesundheitlichen Problemen nach der Impfung neigten, berichtet das Blatt. Trotzdem kündigte das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic an, sich die Juckreiz-Fälle jetzt genauer anzusehen.
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