Zehn Jahre undercoverPsychiatrie, Burger King, Pflege: Die krassesten „Team Wallraff“-Enthüllungen – und was sie bewirkt haben

Bewohnerin in einer Jugendhilfereinrichtung wird misshandelt
Bei einem Undercover-Einsatz in einer Jugendhilfeeinrichtung wurde ein „Team Wallraff“-Reporter Zeuge davon, wie eine junge Bewohnerin der Einrichtung misshandelt wurde.
RTL

Mehr als zehn Jahre, 27 Sendungen, über 100 Undercover-Einsätze!
„Team Wallraff“ deckt seit mehr als einer Dekade gesellschaftliche Missstände auf, blickt hinter die Kulissen von Unternehmen und Organisationen und konfrontiert die Politik mit den Enthüllungen. Angefangen hat alles 2012 mit Günter Wallraffs Undercover-Einsatz beim Paketdienstleister GLS. Ein Jahr später entstand das „Team Wallraff“, das seitdem unter anderem undercover in der Pflege, in Großküchen, bei Flixbus, Ryanair, in Krankenhäusern, Psychiatrien und bei Burger King war. Die krassesten Enthüllungen – und was sie bewirkt haben.
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Undercover bei Burger King - Hygienemängel, schlechte Arbeitsbedingungen und Fleisch statt Veggie

Die für viele Zuschauer wohl präsentesten Enthüllungen betreffen den Fast-Food-Riesen Burger King. Und das nicht ohne Grund: Ganze vier Sendungen widmet „Team Wallraff“ den Missständen hier.

Was unter anderem Undercover-Reporter Alexander Römer bei seinen seit 2013 andauernden Recherchen aufdeckt, sind systemische Missstände: Enthüllungen zu mangelnder Hygiene, katastrophalen Arbeitsbedingungen, Fleisch in Veggie-Produkten und abgelaufenen Lebensmitteln schlagen große Wellen bei Zuschauern und im Netz – und bringen Veränderungen im Unternehmen.

Nach der ersten Sendung 2014 entschuldigt sich der damalige Geschäftsführer im Fernsehen. Zudem bekommen dreieinhalbtausend Mitarbeitende einen Tarifvertrag. Leider sind die Erfolge teilweise nur von begrenzter Dauer. Immer wieder erreichen das „Team Wallraff“ auch danach Hinweise auf Missstände bei dem Fast-Food-Riesen – sodass Reporter Alexander Römer erneut undercover geht.

Seit der letzten Ausstrahlung befindet sich „Team Wallraff“ mit der Burger King Deutschland GmbH in einem konstruktiven Austausch – um nachhaltig die Hygienezustände und Arbeitsbedingungen in den Restaurants zu verbessern.

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Das Herzensthema des „Team Wallraff“: Undercover in deutschen Pflegeheimen

Wir alle werden alt, doch was wir nicht wissen, ist, wie es uns dann geht! Sind wir noch selbstständig genug, um allein zu leben? Oder sind auf Pflege im Heim angewiesen? Nicht zuletzt, weil es uns in einer immer älter werdenden Bevölkerung alle betrifft, liegt das Thema Pflege Günter Wallraff und seinem Team besonders am Herzen.

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Bereits 2014 ist Reporterin Pia Osterhaus undercover in einer Einrichtung mit damals 73 pflegebedürftigen Menschen. Was ihr schnell auffällt: Hier scheint es vor allem an Personal zu mangeln.

Doch nicht nur das kann sie beobachten. Immer wieder entdeckt sie Müll: Auf dem Vordach achtlos weggeworfene Plastikflaschen, im Hygieneraum benutzte Handschuhe und das Zimmer eines Bewohners ist nicht nur verdreckt, sondern verwahrlost. Hinzu kommt Schimmel im Kühlschrank sowie an vielen Fenstern in den Zimmern. „Hier kann eigentlich gar keiner mehr wohnen“, steht für Pia fest.

Mit der Reportage 2014 wird das Thema Pflege mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Und „Team Wallraff“ bleibt dran, denn immer wieder erreichen die Journalistinnen und Journalisten rund um Günter Wallraff Zuschriften von Pflegern und Angehörigen.

Tausende Hilferufe über teils schlimmste Zustände bis hin zu Grausamkeiten in Pflegeheimen bringen das „Team Wallraff“ im Rahmen neuer Recherchen 2022 dazu, auch den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit den Missständen zu konfrontieren. Die Forderung: Mit der Pflege von alten und kranken Menschen darf kein Profit gemacht werden!

„Team Wallraff“ überreicht dem Gesundheitsminister auch einen ganzen Ordner mit Dutzenden konkreten Hilferufen aus Heimen. Alle Absender hatten ihre Zustimmung erteilt, ihre Nachrichten dem Gesundheitsminister weiterzuleiten. Lauterbach verspricht, sich zu kümmern: „Das wird ein bisschen dauern, das muss an die Länder, aber das müssen wir abstellen.“

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Verwahrlost wirkende Patienten und kaum Therapie - „Team Wallraff“ undercover in der Psychiatrie

2019 recherchiert „Team Wallraff“-Reporterin Stefanie Albrecht in einem Bereich, der noch sensibler ist als viele andere – und wagt einen Blick hinter die Türen der geschlossenen Psychiatrien, der der Öffentlichkeit sonst vorenthalten bleibt.

Was Stefanie in der Psychiatrie in Frankfurt Höchst beobachtet, berührt das gesamte „Team Wallraff“ bis heute zutiefst: Verwahrlost wirkende Patienten, Hygienemängel, hoch psychotische Männer gemeinsam mit selbstmordgefährdeten Frauen, dementen sowie hochgradig depressiven Menschen auf einer Station und kaum Therapieangebote.

„Eine Form von Psychiatrie, wie wir nicht gedacht hätten, dass es die 2019 in Deutschland noch gibt“, erinnert sich Stefanie Albrecht im Gespräch mit Günter Wallraff. Doch die Enthüllungen zeigen Wirkung: Noch Monate nach der Ausstrahlung erreichen das „Team Wallraff“ Tausende Reaktionen von Betroffenen und Mitarbeitern, die Ähnliches erlebt haben.

Und auch die Klinik selbst reagiert: Die damalige Geschäftsführung räumt in einer Pressekonferenz Fehler ein und verspricht zu handeln. Kurze Zeit später werden sowohl der Chefarzt als auch die Klinikleitung ausgewechselt. Zudem holt sich die Klinik Hilfe von außen – ein Prozess, der auch heute noch aktiv anhält.

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Eingesperrt und misshandelt: „Team Wallraff“ undercover in Jugendhilfeeinrichtung

Auch in einer Jugend- und Erwachseneneinrichtung recherchiert das „Team Wallraff“ monatelang. Die Zustände, die die Reporter hier vorfinden, beschäftigen nicht nur das Team, sondern auch die zuständigen Juristen bis heute.

Das Case Projekt, eine Jugend- und Erwachseneneinrichtung in der Eifel „war wirklich etwas, was mich unglaublich berührt hat“, erinnert sich RTL-Rechtsanwältin Eva Pipke. „Da sind uns wirklich im Schnitt die Tränen gelaufen.“

Der Grund: Bei ihren Undercover-Recherchen 2019 entdecken die Reporter des „Team Wallraff“ schwere körperliche Strafen und Misshandlungen und sogar einen sogenannten Deeskalationsraum, in dem Menschen teilweise sogar mehrere Tage lang eingesperrt werden. Reporter Philip wird zudem Zeuge davon, wie eine junge Bewohnerin der Einrichtung misshandelt wird. Weil die körperlich und geistig beeinträchtigte Frau anscheinend gemaßregelt werden soll, lässt eine Betreuerin sie minutenlang die Treppe hoch und wieder runterrennen – bis zur totalen Erschöpfung.

Wir haben die Einrichtung damals mit unseren Recherchen konfrontiert. Diese schreibt, dass das Verhalten der Bewohnerin „mit direkter Bewegung entschärft“ werden sollte. „Darum das mehrmalige Auf- und Abgehen der Treppe.“

Die Ausstrahlung der Szenen hat eine Lawine ins Rollen gebracht. Viele ehemalige Mitarbeiter und Bewohner der Jugendhilfeeinrichtung wenden sich nach der Sendung an das „Team Wallraff“, um ihre Leidensgeschichten zu erzählen.

Alle Recherchen übergibt das „Team Wallraff“ anschließend in Form von Eidesstattlichen Versicherungen der Staatsanwaltschaft. Die Folge: Die damalige Einrichtungsleitung ist zumindest wegen Freiheitsberaubung angeklagt. Und auch mehr als vier Jahre nach der Ausstrahlung sind die Juristinnen und Juristen vom „Team Wallraff“ noch immer mit der rechtlichen Aufarbeitung und gerichtlichen Auseinandersetzungen dieser Sendung beschäftigt.

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Aufgeflogen bei Undercover-Einsatz beim Deutschen Roten Kreuz

Vor einer Gefahr sind die „Team Wallraff“-Reporter übrigens nie gefeit: Sie können jederzeit auffliegen und dadurch enttarnt werden. Zwar passiert das nicht oft, aber es passiert! So auch bei Undercover-Reporter Manuel, der 2020 bei einem Unternehmen recherchiert, das im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes Spenden sammelt.

Als sein Teamleiter Manuel nach seinem ersten erfolglosen Arbeitstag zum Einzelgespräch bittet, denke er zunächst, dass er Ärger bekommt, weil er keine Spenden sammeln konnte. Stattdessen hat der Teamleiter offenbar die versteckte Kamera entdeckt.

Reporter Manuel reagiert sofort, beendet die Zusammenarbeit und verlässt schnellstmöglich die Wohnung, in der er als Mitarbeiter untergebracht ist.

„Ich hatte dann wirklich die Filme im Kopf, was passiert denn jetzt, wenn die mir doch noch hinterherkommen“, erinnert er sich heute. „Da malt man sich dann wirklich irgendwie wilde Sachen aus. Und ich war froh, als mich der Kollege dann abgeholt hat und wir dann wieder im Hotel waren. Das ist ein sehr unangenehmes Gefühl, wenn man auffällt und erkannt wird.“

Es sind Risiken wie diese, die die Arbeit vom „Team Wallraff“ anspruchsvoll, aber auch sehr aufregend machen.

Lese-Tipp: Aufgeflogen! Das sagt der „Team Wallraff“-Reporter über den Schockmoment

Video-Playlist zu „Team Wallraff"

„Team Wallraff – 10 Jahre undercover“ auf RTL+

Sie wollen noch mehr Undercover-Einsätze des „Team Wallraff“ sehen? Die ganze Reportage von „Team Wallraff – 10 Jahre undercover“ sehen Sie am Donnerstag um 20.15 Uhr bei RTL und anschließend zum Abruf auf RTL+. (akr)