Wieder ein Toter in Indien
Keine Impfung, hohe Sterberate: Was ein Arzt zum tödlichen Nipah-Virus sagt

In Indien breitet sich das Nipah-Virus weiter aus.
Schon im Herbst des letzten Jahres waren zwei Menschen in Folge des Virus gestorben, hunderte standen unter Beobachtung. Nun gibt es einen weiteren Todesfall - außerdem wurden zahlreiche Menschen als Hochrisikofälle identifiziert. Doch was steckt hinter dem Virus? Ein Mediziner erklärt, woher es kommt, wie man eine Infektion erkennt und wie sich die Erkrankung von Corona unterscheidet.
Nipah-Virus in Indien: Wieder ein Toter, zahlreiche Hochrisikofälle
Im indischen Bundesstaat Kerala ist ein 14-Jähriger am Nipah-Virus gestorben. Nicht der erste Todesfall in der Region: Bereits im Herbst 2023 starben nach dem Ausbruch des Virus zwei Menschen an den Folgen der Infektion. Damals wurden zudem drei Personen positiv auf das Virus getestet, mehr als 700 Menschen, die Kontakt zu den Infizierten hatten, standen unter Beobachtung.
Nun habe man in Kerala Berichten zufolge 60 Personen als Hochrisikofälle identifiziert. Wie der Focus schreibt, sollen sie sich in Quarantäne befinden und von einem Ärzteteam überwacht werden. Die Menschen in der betroffenen Region wurden laut BBC-Informationen dazu aufgefordert, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehöre: in der Öffentlichkeit Masken zu tragen und auf Besuche bei Krankenhauspatienten zu verzichten.
Lockdown wegen Nipah-Virus in Kerala

Im Herbst 2023 hatten die Behörden sogar einen Lockdown verhängt. Eine absolut richtige Entscheidung, wie Medizinjournalist und Tropenmediziner Dr. Christoph Specht damals betonte: „Beim Nipah-Virus ist es wichtig und absolut sinnvoll, dass man die Ausbreitung so schnell wie möglich eindämmt, indem man einen harten Lockdown verhängt. Dadurch kann man das Virus ersticken.“
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So verbreitet sich das Nipah-Virus
Das liegt vor allem an der Art, wie sich das Nipah-Virus verbreitet. Grundsätzlich befindet es sich neben Schweinen in der Regel in Flughunden, die in Asien und Afrika relativ verbreitet sind. „Die fallen nicht über Menschen her, sondern man infiziert sich entweder durch den Verzehr oder über kontaminierte Essensreste“, erklärt Dr. Specht. So könne es etwa sein, dass man Wasser oder Früchte zu sich nimmt, die mit Speichel oder Urin der Flughunde in Kontakt waren.
„Die Infektion geschieht hier also über eine Schmier- und nicht über eine Tröpfchen-Infektion wie bei Corona“, führt Specht aus. Deshalb sei auch die Verbreitung viel leichter einzudämmen. Das heißt jedoch nicht, dass das Nipah-Virus weniger gefährlich ist – im Gegenteil.
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„Mit Nipah steckt man sich weniger an – dafür ist es viel tödlicher“
Wer sich mit dem Nipah-Virus infiziert, hat zunächst unspezifische Symptome. Zu ihnen gehören:
Fieber
Abgeschlagenheit
Atemwegs-Symptome wie etwa Husten
Kopfschmerzen
Hautausschlag
Später kommt es dann häufig zu schweren Hirnhautentzündungen. Sie sind auch der Grund für die hohe Letalität (Sterberate) beim Nipah-Virus. Sie liegt bei etwa 70 Prozent, so Dr. Specht. „Zum Vergleich: Die Letalität von Corona ist viel, viel geringer. Dafür ist die Ansteckungsgefahr viel größer. Mit Nipah steckt man sich zwar weniger an - dafür ist es viel tödlicher“, so Specht.
Schlecht zu erkennen und zu behandeln
Problematisch: Das Nipah-Virus ist nicht einfach zu erkennen und fast gar nicht behandelbar. „Dass es sich um einen Nipah-Ausbruch handelt, erkennt man nur daran, dass es ein Cluster gibt, also bereits mehrere Menschen an dem Virus erkrankt sind, oder an einem PCR-Test“, weiß Dr. Specht.
Aktuell gibt es weder eine Impfung noch Medikamente gegen das Nipah-Virus. Wer sich infiziert, wird auf die Intensivstation verlegt und dort „unspezifisch“ behandelt. Das heißt, die Symptome werden so gut es geht gelindert. Die einzig gute Nachricht: Dass es keine Impfung gibt, geht auch darauf zurück, dass die Krankheit bislang zu selten aufgetreten ist. Insgesamt gab es laut Specht seit Bekanntwerden der Krankheit im Jahr 1999 in Malaysia weniger als zehn Ausbrüche weltweit.
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Nipah-Virus laut WHO „Potential für Pandemie“ – ist das wahrscheinlich?
Auch deshalb geht Dr. Specht nicht davon aus, dass es beim Nipah-Virus zu einer Pandemie vergleichbar mit Corona kommt. „Davon kann überhaupt keine Rede sein, das wäre absolute Panikmache“, betont er. Zwar gebe es durchaus Schnittmengen zu Corona, etwa, dass es sich ebenfalls um eine Zoonose handelt. Bei Covid sei jedoch sehr schnell klar gewesen, dass das Virus „gekommen ist, um zu bleiben“. Das sei bei dem Nipah-Virus völlig anders. Auch von einer Verbreitung des Nipah-Virus in Deutschland ist aktuell nicht auszugehen.
Bei der Aussage der WHO, dass das Nipah-Virus Potenzial für eine Pandemie habe, handelt es sich zudem um eine allgemeine Einschätzung aus dem Jahr 2018. „Damals hat die WHO eine Liste von gefährlichen Viren aufgestellt hat, die grundsätzlich ein sogenanntes pandemisches Potenzial haben. Man kann also nicht sagen, dass die WHO jetzt aufgrund des akuten Ausbruchs vor einer aufkommenden Nipah-Pandemie warnt“, betont Dr. Specht.