"Komplexe Angelegenheit"Virologe Drosten hält Bewertung der Impfstrategie für unmöglich

Christian Drosten
Der Virologe Christian Drosten. Foto: Markus Schreiber/AP POOL/dpa/Archiv
deutsche presse agentur

Anders als zahllose Kritiker der Impfstrategie von EU und Bundesregierung hält der Virologe Christian Drosten es nicht für möglich, das Vorgehen bei der Bestellung von Impfstoffen rückblickend zu bewerten.
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"Unmöglich, das im Nachhinein zu bewerten"

„Das ist so eine komplexe Angelegenheit. Man musste den Impfstoff mit Monaten Vorlauf bestellen - und wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, ob der betreffende Impfstoff auch funktionieren würde“, sagte er der "Berliner Morgenpost". „Es ist jetzt praktisch unmöglich, das im Nachhinein zu bewerten.“

Die EU sollte aber schnell hinterherkommen, den in Großbritannien bereits Notfall-zugelassenen Impfstoff von Astrazeneca zu bekommen. „Denn dieser Impfstoff kann auch in normalen Arztpraxen geimpft werden. Bei diesem Impfstoff hat man nicht die besondere Kühlpflicht“, erklärte er.

Drosten erwartet kontroverse erste Jahreshälfte

Für das nächste halbe Jahr sagte der Chef-Virologe der Berliner Universitätsklinik Charité sehr kontroverse Diskussionen über das richtige Vorgehen voraus. „Wir werden in eine Situation kommen, wo wir große Teile der Risikogruppen geimpft haben und es dann Kräfte geben wird, die sagen, dass es jetzt keinen Grund mehr gibt für Einschränkungen. Letzteres wird allerdings eine Fehleinschätzung sein, denn wir dürfen grundsätzlich keine sehr hohe Inzidenzen zulassen. Auch nicht bei den Jüngeren.“

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Gesundheitsminister Spahn weist die Kritik zurück

Am Samstag hatte unter anderem die Neurologin Frauke Zipp, Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Bundesregierung schwere Versäumnisse bei der Beschaffung von Impfstoff vorgeworfen. „Ich halte die derzeitige Situation für grobes Versagen der Verantwortlichen“, sagte sie. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese griff den Gesundheitsminister scharf an: „Ich bin derzeit schon entsetzt über Jens Spahn“, sagte er „t-online“. Der CDU-Politiker müsse „endlich seinen Aufgaben nachkommen und die offensichtlichen Probleme unverzüglich in den Griff bekommen“.

Der Gescholtene wies die Kritik abermals zurück. „Es läuft genauso, wie es geplant war“, sagte Spahn im Gespräch mit RTL am Samstag. 1,3 Millionen Dosen Impfstoff seien bis Jahresende an die Bundesländer ausgeliefert worden, bis Ende Januar würden es insgesamt 4 Millionen sein - genau wie er seit Wochen angekündigt habe „mit dem Hinweis, dass es am Anfang knapp sein würde und wir deshalb priorisieren müssen“. Spahn versprach, dass im Januar alle Pflegeheim-Bewohner geimpft werden könnten.

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Knapp 190.000 Menschen in Deutschland geimpft

Das Robert Koch-Institut teilte am Samstag mit, inzwischen seien rund 188.500 Impfungen gegen das Coronavirus gemeldet. Darunter sind in etwa zu gleichen Anteilen Bewohner von Pflegeheimen und medizinisches Personal mit sehr hohem Ansteckungsrisiko sowie Personal in der Altenpflege. Die Meldungen aus den Bundesländern werden teilweise aber mit Verzug an das Institut übermittelt, so dass die realen Zahlen jeweils deutlich höher sein könnten.

Die Gesundheitsämter meldeten zuletzt 12.690 Corona-Neuinfektionen und 336 neue Todesfälle binnen 24 Stunden. Eine Interpretation der Daten ist jedoch momentan schwierig, weil während der Weihnachtsfeiertage und um den Jahreswechsel wohl weniger Menschen getestet wurden und Ämter auch diesbezüglich Daten verzögert übermittelten. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner lag am Samstagmorgen bei 141,2.

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