Hamburger UKE stellt Auswertung der Totenstatistik 2020 vor
Wer stirbt AN, wer stirbt MIT dem Coronavirus?

Es ist wohl die große Frage, die derzeit viele Menschen beschäftigt und für die ein oder andere Diskussion sorgt: Ist eine Person AN oder MIT dem Coronavirus gestorben? Gerade Querdenker verharmlosen das Virus und behaupten oft, dass jeder Coronatote eigentlich an etwas anderem gestorben sei und nur zufällig auch das Virus in sich trage. Um der Frage der Todesursache auf den Grund zu gehen, hat die Rechtsmedizin der Hamburger Universitätsklinik Eppendorf alle SARS-CoV-2-assoziierten Sterbefälle in Hamburg des vergangenen Jahres ausgewertet. Im Mittelpunkt standen die Fragen: Wie viele Hamburgerinnen und Hamburger sind an oder mit COVID-19 verstorben? Wie alt waren diese Menschen? Welche Vorerkrankungen hatten sie?
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"Nur in einem Prozent der untersuchten Fälle konnte keine Vorerkrankung festgestellt werden“

Seit Beginn der Pandemie hat das Institut für Rechtsmedizin des UKE 735 Todesfälle analysiert, die in Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen. Das UKE forschte im Auftrag der Sozialbehörde. Der Leiter der Rechtsmedizin beschreibt dies als „politischen Kraftakt“. „618 Fälle können wir sicher als COVID-Sterbefall einordnen“, so Prof. Dr. Benjamin Ondruschka, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin des UKE. Es sind also 84 Prozent der untersuchten Fälle AN Corona gestorben. Rund zwei Drittel der Menschen sind während der zweiten Welle ab Oktober gestorben, die meisten jedoch im Dezember. Die meisten Infizierten starben an einer Pneumonie oder an den Folgen einer Thrombose, die auf die Corona-Infektion zurückzuführen ist. Nur in sieben Prozent der Fälle steht die Todesursache nicht im Zusammenhang mit der Viruserkrankung – diese sind MIT dem Virus gestorben. „Das waren Herzinfarkte, Lebererkrankungen oder Entzündungskonstellationen – vollkommen unabhängig vom Virus.[...] Nur in einem Prozent der gesamten untersuchten Fälle konnte keine Vorerkrankung festgestellt werden.“
Viele der Toten hatten Vorerkrankungen - die führten aber nicht zum Tod
Die Menschen aus Hamburg, die an einer Corona-Infektion gestorben sind, waren durchschnittlich 83 Jahre alt. 75 Prozent aller Todesopfer waren älter als 76 Jahre. Es verstarben durchschnittlich mehr Männer als Frauen. Die Männer waren aber im Vergleich etwas jünger. Nur sieben Personen waren zum Todeszeitpunkt unter 50 Jahre alt. „Der jüngste Verstorbene in Hamburg war 29 Jahre alt, der älteste 100“, so Prof. Dr. Benjamin Ondruschka. Kinder oder Jugendliche wurden nicht untersucht. Zu den häufigsten Vorerkrankungen zählen, laut der Auswertung, Bluthochdruck, eine chronische Niereninsuffizienz oder eine chronische Lungenerkrankung. Eine Vorerkrankung wurde öfter bei den Verstorbenen nachgewiesen: Rund 20% der Untersuchten waren krankhaft übergewichtig.
Therapieumstellung in der zweiten Corona-Welle
Durch die Studien des UKE wurde im Laufe der Zeit die Therapie von Coronapatienten umgestellt. Die Behandlung mit Blutverdünnungsmitteln zeigt in der zweiten Welle Erfolge: „In der statistischen Auswertung zeigten sich aber längere Überlebenszeiten seit der erfolgten Therapieumstellung. Das ist ein wichtiger Erfolg der gemeinsamen Forschung und unterstreicht die Bedeutung der Rechtsmedizin für die Lebenden“, so Prof. Dr. Benjamin Ondruschka.
Professor Ondruschka dankt den Angehörigen der Hamburger Corona-Opfer, dass sie die Untersuchungen trotz ihrer Trauer zugelassen haben. Die Angehörigen mussten Zustimmungserklärungen unterschreiben. Teilweise wurde die Untersuchung von Behörden angeordnet.