Erste Details sind durchgesickert
Pflichtfragebogen und Musterung - wie sich Pistorius eine neue Wehrpflicht vorstellt
Gen Z für den Tag X!
Der SPD-Verteidigungsminister legt die Karten auf den Tisch und wird noch kämpfen müssen: Sein Vorschlag formuliert die ersten Schritte hin zu einer neuen Wehrpflicht.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (64/SPD) will für ein neues Wehrpflichtmodell die vor 13 Jahren ausgesetzte Erfassung von Wehrfähigen wieder aufbauen. Zudem will der SPD-Politiker junge Männer verpflichten, in einem Fragebogen Auskunft über ihre Bereitschaft und Fähigkeit zum Dienst zu geben und sich bei Auswahl einer Musterung zu stellen. Vorgesehen ist dafür auch, zusätzliche Kapazitäten für Musterungen zu schaffen.
Der Vorschlag des SPD-Politikers ist damit ein erster Schritt hin zur möglichen Wiedereinführung einer neuen Wehrpflicht. Zugleich will Pistorius erst mal die Schritte einleiten, die noch in dieser Legislaturperiode praktisch möglich erscheinen.
Für den Pistorius-Plan ist nach dpa-Informationen eine Erweiterung des Wehrpflichtgesetzes für junge Männer nötig. Militärplaner gehen dabei davon aus, dass pro Jahr 400.000 Menschen den Fragebogen ausfüllen müssen, und sie schätzen, dass ein Viertel davon Interesse bekunden könnte. Vorgesehen ist es, 40.000 Kandidaten zur Musterung zu bestellen. Aktuell gibt es Kapazitäten für eine Ausbildung von 5.000 bis 7.000 Rekruten, die aber wachsen sollen. Ausgegangen wird von einem Dienst, der sechs oder auch zwölf Monate dauern kann.
Der ganz große Wurf sei das nicht, ordnet Berlin-Korrespondent Christian Wilp die Pläne ein. „Pistorius geht es nur darum, jedem Wehrpflichtigen einen Brief zu schicken. Mit freundlichen Grüßen kann man sagen. Wer nicht antwortet, muss allenfalls mit einem Bußgeld rechnen. Also eine Wehrpflicht am Ende ohne jede Pflicht.”
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Pistorius will am Mittwochvormittag den Verteidigungsausschuss des Bundestags über seine Pläne informieren. Am Nachmittag will er sie der Öffentlichkeit bei einer Pressekonferenz vorstellen.
Verpflichtend wäre nach dem Pistorius-Modell nun die Beantwortung des Fragebogens sowie die Musterung, wenn zu dieser eingeladen wird. Er plädiert dem Vernehmen nach dafür, auch schon in Friedenszeiten Wege für einen verpflichtenden Militärdienst freizumachen, falls nicht genug Rekruten gefunden werden.
Die Wehrpflicht war 2011 in Deutschland unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich. Gleichzeitig wurden praktisch alle Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst. Im Wehrpflichtgesetz ist aber weiter festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer auflebt, wenn der Bundestag den Spannungs- und Verteidigungsfall feststellt, ohne dass es nach 2011 noch konkrete Vorbereitungen für eine solche Situation gab.
Die Bundeswehr wurde zuletzt immer kleiner
Trotz einer Personaloffensive war die Bundeswehr im vergangenen Jahr auf 181.500 Soldatinnen und Soldaten geschrumpft. Pistorius ließ deshalb - auch unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine - Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Er hatte schon bei einer Regierungsbefragung durchblicken lassen, dass er nicht auf komplette Freiwilligkeit setzt. (eku/dpa)